Konzert in Basel am 25. November 2001; Fauré, Duruflé und Ravel
Ankündigung
in der Dreilandzeitung Nr. 47 (22. -28. November 2001)
Chorkonzert: Cantus Basel
Französisch und geistlich
Gabriel Faurés "Messe de Requiem in
c-Moll, op. 48, bildet das Zentrum eines Konzerts von Cantus Basel, das
französischer geistlicher Musik mit vorwiegend lateinischen Texten
gewidmet ist.
Faurés Totenmesse ist nicht mit expressiver Dramatik geladen, wie man
das vielleicht erwarten könnte, sondern ist von eher lyrischer,
getragener Art. Bezeichnend dafür, wie Fauré sein Requiem verstanden
hat, ist sicher, dass er das "Dies irae" wegliess und dafür "Libera me"
und "In paradisum" einfügte. Der Leiter des Cantus-Chors, Walter
Riethmann, hat sich für die Fassung für grosses Qrchester (Streicher,
Harfe, Orgel, ergänzt um Bläser), die seltener zu hören ist,
entschieden. Maurice Duruflés "Quatre motets sur des thèmes grégoriens"
op. 10 für Chor a cappella ergänzen Faurés berühmtes Werk. Der
hauptsächlich als Improvisator bekannte Organist Duruflé liess sich in
seinen Kompositionen vom rund zwei Generationen älteren Kollegen
beeinflussen. Die Motetten erschienen 1960 und waren für einen
Vespergottesdienst vorgesehen.
Die "Chansons madécasses" von Maurice Ravel fallen in verschiedener
Hinsicht aus dem Rahmen. Nicht in Latein und nicht für die Kirche
gedacht, bilden sie den Kontrapunkt zu den geistlichen Werken. Die
Lieder für Sopran, Flöte, Cello und Klavier sind nach Versen des
Lyrikers Evarist Parny mit afrikanischem Inhalt vertont. Der Chor
Cantus Basel wird vom Orchester Consortium Musicum, der Sopranistin
Maria Gessler und dem Bariton Bruno Vittorio Nünlist unterstützt. bosch
Wiegenlied des Todes
Eine lange Schlange unter bunten Schirmen vor der Abendkasse:
Cantus Basel, der traditionsreiche Basler Konzertchor, konzertierte in
der randvoll besetzten Martinskirche. Mit einem Programm, das den
winterlichen Konzertgang zu einem Abenteuer werden zu lassen versprach.
Französischen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts - Maurice
Duruflé, Maurice Ravel und Gabriel Fauré - war das Konzert gewidmet.
Mit den "Quatre motets" für Chor a cappella von Maurice Duruflé
(1902-1986) begann das Konzert. Duruflé war Organist, wie Messiaen,
Repräsentant der französischen Orgeltradition. Die Gregorianik prägte
sein Schaffen. So vor allem die 1960 komponierten "Quatre motets" sur
des thèmes grégoriens (op. 10). Ruhe, Geborgenheit, im Glauben
verankerte Sicherheit überstrahlten das ganze vorwiegend geistliche
Konzert. Aus der Stille drangen ruhig und leise die zu einem
wohltönenden Klangkörper verwobenen Frauen- und Männerstimmen,
steigerten sich in Jauchzen und Freude in Christus. Herrlich der
Frauenchor in der Verehrung der Schönheit Mariens. Innig der Ausdruck
der Demut, der neuen Hoffnung, die in einen Lobgesang Gottes münden im
"Tantum ergo" (für gemischten Chor).
1926 entstanden die Chansons madécasses nach Gedichten von Parny für
Gesang (Maria Gessler, Sopran), Flöte (Verena Hadorn), Violoncello
(Mathias Kleiböhmer) und Klavier (Walther Riethmann). Unendliche Ruhe
verströmend, ganz selbstverständlich alle Facetten ihrer Stimme
schillern lassend, entführte die Sopranistin Maria Gessler in ihrer
schwierigen Solopartie in die von exotisch-archaischem Charme geprägte
Welt auf Madagaskar.
Krönung des Konzerts war die "Messe de Requiem" op. 48 von Gabriel
Fauré, die 1901 veröffentlichte Fassung für grosses Orchester
(Consortium Musicum): Eindrücklich, kraftvoll getragen die Stimme des
Baritons Bruno Vittorio Nünlist im "Libera me" in seinem Flehen um die
Befreiung vom ewigen Tode, hell und sanft die Stimme Maria Gesslers,
einfühlsam begleitet an der Orgel von Daniel Bosshard.
BASEL. Es müssen nicht immer im
herkömmlichen Sinne zugkräftige Werke auf dem Programm stehen, um das
Publikum in Scharen anzulocken. Cantus Basel gelang es mit drei eher
wenig bekannten Kompositionen die Martinskirche bis auf den letzten
Platz vollzukriegen.
Der französische Organist und Komponist Maurice Duruflé (1902 bis 1986)
war zu seiner Zeit ein weltweit gefragter Konzertorganist. Anerkennung
als Tonschöpfer errang er mit einem Requiem. Im Zentrum seines
Schaffens stand die Gregorianik. Von ihr kommen die "Quatre motets sur
des thèmes grégoriens, op. 10" her, von Cantus Basel zum Auftakt des
Konzerts wiedergegeben. Der Vortrag durch die aufmerksam agierenden
Sängerinnen und Sänger hörte sich gefällig an, denkbar, dass er noch
prononcierter hätte sein können.
1926 vertonte Maurice Ravel Texte des Dichters Evariste-Désirée de
Parnys. Sie handeln vom Leben und den Sitten auf der Insel Madagaskar,
von ihrer Liebe zu Musik und Tanz. Diese Komposition hielt Ravel selber
als eines seiner bedeutendsten Werke: es erziele ein Maximum an
Ausdruckskraft durch eine betonte Ökonomie der Mittel. Als Begleitung
genügt ein instrumentales Quartett. Gesungen wurden die Lieder von der
Basler Sopranistin Maria Gessler. Die Liedtitel: Nahandove (ein junger
Mann), Aoua! (ein Kriegsruf) und II est doux.
Erotische, massvoll dramatische, volksliedhafte und melancholische
Elemente ergeben eine farbig reizvolle Mischung. Es gelang der Sängerin
mit ihrer tadellos geführten und fein timbrierten Stimme über alles
Klangliche hinaus den Geist der Dichtung in ihrer sinnenhaften
Kreatürlichkeit als etwas Atmendes fühlbar zu machen.
Im dritten Teil dann Gabriel Faurés Requiem, op. 48, das eigentlich
eine Trauerkantate ist, die durch das Fehlen eines Dies irae vom
liturgischen Text abweicht, ergänzt dafür durch ein "Pie Jesu" und ein
"Libera me". Nicht die Angst vor dem Gericht steht im Vordergrund,
sondern das Leid, der Verlust. Angelegt auf Kooperation mit dem Chor
musizierte das Consortium Musicum mit Elan und dynamischem
Einfühlungsvermögen. Cantus Basel trug Faurés Klangbilder mit
gestalterischer Bedachtsamkeit und vokaler Überzeugungskraft vor. Beim
"Pie Jesu" nochmals anrührend und klangsatt Maria Gesslers Sopran, beim
"Libera me" gefiel Bruno Vittorio Nünlists prächtiger Bariton.
Verlässlich die weiteren Solisten: Daniel Bosshard, Orgel, Verena
Hadorn, Flöte, und Mathias Kleiböhmer, Violoncello. Souverän die
Leitung durch Walter Riethmann.