GEORG FRIEDRICH
HÄNDEL T H E O D O R A Oratorium in 3 Teilen, komponiert 1749 |
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Sonntag, 19. Oktober 2003, 17 Uhr, Martinskirche Basel | ||
Solisten: | Maria C. Schmid, Sopran Martin Oro, Altus Barbara Kandler, Mezzosopran Reto Hofstetter, Tenor Stefan Vock, Bariton |
Theodora Didymus Irene Septimus Valens |
Mitwirkende: | Cantus Basel | |
Consortium Musicum auf alten Instrumenten | ||
Mathias Kleiböhmer | Violoncello | |
Ulrich Wedemeier | Theorbe | |
Andreas Schönenberger | Orgelpositiv | |
Leitung: | Walter Riethmann | |
Herzlichen Dank an unseren Hauptsponsor: Lotteriefonds Basel-Stadt |
Georg Friedrich
Händel (1685 - 1759) hielt seine "Theodora" für das bedeutendste
Werk, das er jemals geschaffen hat, obwohl der Uraufführung kein
Erfolg beschieden war. Und auch im 18. und 19. Jahrhundert führte
dieses Werk im Vergleich zu den anderen Oratorien ein
Schattendasein, bis es erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts als
Meisterwerk seine Wertschätzung gefunden hat.
Für die Handlung liess sich der Librettist Thomas Morell von den
Ereignissen inspirieren, die sich unter Kaiser Diokletian (284 -
305 nach Chr.) zugetragen haben sollen: Die couragierte und
selbstbewusste Theodora stellt sich den Herrschaftsansprüchen der
Staatsmacht entgegen und zieht den Märtyrertod zusammen mit ihrem
Geliebten Didymus dem Verrat ihrer Überzeugungen
vor.
In seinen beiden letzten Oratorien "Theodora" und "Jephta" schuf Händel einen völlig anderen musikalischen Charakter, als wir dies in seinen früheren Werken dieser Gattung kennen. Musikwissenschaftler weisen zu Recht auf die Parallele zu Giuseppe Verdi und seinen letzten Opern Otello und Fallstaff hin. Beide Komponisten fanden zu einem neuen, frischen und jugendlichen Stil, und was ihre Zwischentöne und Intensität, ihr Verständnis von Jugend in all ihrer Unschuld und Vitalität angeht, sind beide Komponisten durchaus miteinander vergleichbar. Händels Wechsel in seiner Art zu komponieren, ist wahrhaft radikal: Nicht nur, weil "Theodora" neben dem "Messias" sein einziges christliches Oratorium darstellt, nein, der kompositorische Wechsel zu den vorangegangenen Werken scheint viel tiefliegendere Gründe zu haben. Nämlich in seiner Art, sich dem Werk philosophisch zu nähern, ihm einen eigenen moralischen Inhalt zu geben und sich in ihm mit seinem eigenen letzten Lebensabschnitt auseinanderzusetzen.
Die Handlung versetzt uns in die Zeit der diokletianischen Christenverfolgung. Das Libretto, das Thomas Morell geschaffen hat, ist nicht sein völliges literarisches Eigentum. Er selbst nennt in der Vorrede zu seinem Libretto ein französisches Drama und die englische Schrift "The Martyrdom of Theodora and Didmus" von Robert Boyle (London 1687) als seine Quelle. Wie schon in seinen früheren Oratorien, welche ganze Völker antithetisch einander gegenüberstellten, ist auch bei diesem Stoff wieder eine gewaltige welthistorische Kontrastierung zu beobachten. Denn in der Tat treten dieser Spätschöpfung Händels eine alte Welt und eine neue Zeit schroff einander gegenüber: Heidentum und Christentum. Die Chöre, nicht nur betrachtende Beobachter, sondern Mithandelnde im Rahmen der sich entfaltenden Tragödie, sind erneut Träger dieser weltgeschichtlichen Ideengegensätze.
Unter seinen vielen Oratorien war "Theodora" Händels Lieblingswerk. Es ist nachdenklicher als alle anderen, persönlicher, emotionaler und intimer. So ist Theodora, die zentrale Figur des Oratoriums, keine Heldin. Händel versucht nichts anderes, als ihr tief menschliche Züge zu verleihen. Vor allem im Finale, in dem die beiden Helden freiwillig ihren Tod auf sich nehmen und das damit die Schlusszene von Verdis "Aida" vorwegnimmt, vermeidet der Komponist jeglichen Prunk. Dies war wohl auch der Grund, weshalb die Uraufführung zu einem Misserfolg wurde.
Die Haupttonart von "Theodora" ist G-moll, welche in der Ouvertüre, dem Schlusschor und vier weiteren Sätzen erscheint. Auffallend ist die Verteilung von Dur und Moll zwischen Heiden und Christen. Alle Arien und Chöre der Heiden sind in Dur komponiert, nur der zweitletzte Chor des Werkes "How strange their ends" steht in G-moll: wohl ein Ausdruck der Verwunderung der Heiden in der Gerichtsverhandlung über die selbstverständliche Bereitschaft der beiden Christen, ihr Opfer auf sich zu nehmen. Demgegenüber stehen alle Szenen der Theodora, mit Ausnahme ihres Gebetes an die Engel während ihrer ersten Verhaftung, in Moll. Verschiedene Tonarten werden mit den einzelnen Figuren des Oratoriums verknüpft: Theodora mit E-moll, Septimius mit G-dur, Es-dur mit Didymus. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Analyse der verschiedenen Tempi. Die Angabe von Largo oder Larghetto markiert genau die Hälfte aller Sätze des Oratoriums. Über beinahe aller Musik der Römer steht "Allegro" oder "Andante", variiert in zwei der Arien des Valens mit "Pomposo" und "Furioso".
Wie bereits erwähnt, wurde die Uraufführung von "Theodora" am 16. März 1750 zu einem völligen Misserfolg, und dies vermutlich aus verschiedenen Gründen: Auf Grund der Erdbebenpanik, die infolge einiger Erdstösse am 5. Februar 1750 die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzte, war London in diesen Wochen von Tausenden verlassen worden, so dass die Aufführungsstätte bei der Uraufführung halb leer blieb und auch die folgenden Aufführungen nur schwach besucht wurden. Händel gab die Schuld am Misserfolg jedoch auch dem moralischen Inhalt des Stückes: "Die Juden kommen nicht, weil es eine christliche Geschichte ist, und die Damen haben keine Lust, weil das Stück allzu tugendhaft ist." Der abgeklärte Komponist sah den Misserfolgen der ersten Aufführungen mit gelassener Ruhe zu. Er kannte die Menschen und wusste, was er von ihren Ansichten zu halten hatte. Und wenn man das leere Haus ihm gegenüber erwähnte, erklärte er selbstbewusst: "Es schadet nichts, desto besser wird die Musik klingen."
Auch nach Händels Tod ging es "Theodora" nicht besser, denn es ist zu bezweifeln, dass in den darauffolgenden hundert Jahren mehr als drei bis vier Aufführungen des Werks gegeben wurden, und es sollten nochmals fast hundert Jahre vergehen, bis Händels erklärtes Meisterwerk bisweilen wieder aufgegriffen wurde.
Die Interpreten
wuchs in Muri AG auf und studierte Gesang an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik in Luzem bei Barbara und Peter Brechbühler. Weitere Studien bei Kurt Widmer, Udo Reinemann, Regina Jacobi, sowie Kammermusik bei Peter Baur und Siegfried Palm. Maria C. Schmid ist in zahlreichen Konzerten vor das Publikum getreten, ihr Repertoire reicht von der Barockmusik bis zur zeitgenössischen Musik, welche sie besonders mit dem professionellen Vokalensemble "Corund" interpretiert. Zusammen mit Walter Riethmann interpretierte sie im vergangenen Januar Bachs Kantate "Jauchzet Gott in allen Landen" und, in einer Uraufführung, die Missa 98 des Schweizer Komponisten Godi Hertig.
Der Countertenor Martin Oro wurde in Buenos Aires (Argentinien) geboren, wo er zuerst im Kinderchor des Teatro Colon mitwirkte. Später studierte er Viola und schloss am Tschaikowsky Konservatorium in Moskau unter Yuei Bashmet ab. Nachdem er sich zur Sängerlaufbahn entschlossen hatte, studierte er am Konservatorium Freiburg und an der Scola Cantorum Basiliensis bei René Jacobs, Richard Levitt und Marie-Françoise Schuwey. Danach trat er in verschiedenen Konzerten in Europa auf, so in der Berliner Philharmonie, der Victoria Hall in Genf, in Zürich, Utrecht, Valencis, Paris, Montreux, Brüssel und an der Opera de Montpellier. Er arbeitete mit den Dirigenten Christophe Rousset, René Jacobs, Christophe Coin, Jordi S. Savall, Michel Corboz und anderen zusammen und wirkte in Projekten des Concerto Köln, der Cappella Real de Catalunya, dem Parlement de Musique etc. mit. Radioaufnahmen folgten, so im ORF, Radio France, Espace 2 und beim Niederländischen Rundfunk. Martin Oro trat mehrmals am Basler Theater als Mitglied des Workshops der Scola Cantorum auf. Seine nächsten Projekte sind "Theodora" und "Belsazzar" von Händel und "L'Incoronazione di Poppea" von Monteverdi sowie Auftritte mit Les Talents Lyriques, Concerto Köln, Ensemble 415 und anderen.
wurde in München
geboren. Sie studierte am "Mozarteum" Salzburg bei Heiner Hopfner.
Nach dem 1. Diplom wechselte sie ans Konservatorium Basel in die
Konzertklasse von Verena Schweizer, 1997 erhielt sie das
Konzertreife-Diplom mit Auszeichnung. Weiterbildung am
"Conservatoire de Région de Metz" in der Meisterklasse von Udo
Reinemann und 1998 ausgezeichnet mit dem "Premier Prix de
Perfectionnement".
Barbara Kandler ist Gewinnerin von Auszeichnungen, bzw.
Förderpreisen wie z.B. "Kiefer Hablitzel" 1991, "Junger Künster"
1998. Im Jahre 2000 war sie im Finale des "Internationalen
Wettbewerbs für Wagnerstimmen". Sie entfaltet eine rege Opern- und
Konzerttätigkeit im In- und Ausland, wie z.B. 2001
Eröffnungskonzert der "Internationalen Bachwochen Stuttgart"
(Leitung Helmut Rilling). Im Sommer 2001 sang sie die
"Schwertleite" in der "Walküre" bei den Tiroler Wagnerfestspielen
unter der Leitung von Gustav Kuhn, 2002 die "Klementia" im
multimedialen Opernprojekt "Sancta Susanna" im Volkshaus
Zürich.
studierte am Konservatorium Zürich bei Georges Koerper klassisches Saxophon und bei Ruth Binder am Konservatorium Winterthur Gesang. Beide Studienrichtungen schloss er mit dem Lehrdiplom ab. Danach bildete er sich im Gesang privat weiter bei Matthias Toggenburger (Winterthur) und später bei Udo Reinemann am Konservatorium in Metz (F), wo er mit dem Diplom in Liedgesang abschloss. Zur Zeit wird er sängerisch betreut von Nicolai Gedda. Sein Wirkungsbereich erstreckt sich von gehobener U-Musik über Kirchenkonzerte, Oper und Operette bis zu zeitgenössischer Musik. 1994 erhielt er das Stipendium des Migros-Genossenschaftsbundes und 1997 den Förderpreis der Stiftung Kiefer-Hablitzel.
Der Bass-Bariton
Stefan Vock begann nach Abschluss eines Physikstudiums an der
Universität Basel und Unterricht bei Ralf Ernst seine
Gesangsausbildung an der Musikhochschule Basel bei Kurt Widmer.
Seine grosse musikalische Vorliebe gilt dem Lied und der
geistlichen Musik.
Stefan Vock erhielt im Jahre 2000 einen Ausbildungsbeitrag der
Friedl-Wald-Stiftung und in den Jahren 2001/2002 und 2002/2003
einen Studienpreis des Migros-Genossenschaftsbundes.
Konzertmeister: Pascal Druey
Das Berufsorchester wurde 1999 von Walter Riethmann und einigen Musikern gegründet. In der kurzen Zeit seines Bestehens hat das Orchester unter anderem folgende Werke aufgeführt: Das Oratorium "Der Messias" in beiden Fassungen von Händel und Mozart, Messen von Schubert, Haydn und Gounod, das Oratorium "Christus am Ölberge" von Beethoven, Schumanns "Szenen aus Geothes Faust" im Musiksaal des Stadtcasinos Basel und in der Tonhalle Zürich, Rossinis "Stabat mater" sowie Werke von Rheinberger, Bach, Beethoven, Arne, Debussy, Schacht und der Schweizer Komponisten Daniel Bosshard und Godi Hertig, aber auch Pergolesis "Stabat mater" und die Oper "Dido und Aeneas" von Purcell auf alten Instrumenten.