Cantus Basel in der Presse

Riehener Zeitung 9. Mai 2025

Cantus Basel singt «Verbunden»

mf. Morgen Samstag, 10. Mai, um 19.30 Uhr findet in der Pauluskirche in Basel das neue Konzert des Chors Cantus Basel statt, in dessen Reihen auch viele Riehenerinnen und Riehener singen. Unter dem Titel «Verbunden» bringt der Chor, dessen künstlerische Leitung Olga Pavlu aus Riehen innehat, mit wunderschöner Musik die Verbundenheit von Clara Schumann, Robert Schumann, Johannes Brahms und Antonín Dvořák zu Bewusstsein. Schumann zu diesem Thema: «Schliesst, die ihr zusammengehört, den Kreis fester, dass die Wahrheit der Kunst immer klarer leuchte, überall Freude und Segen verbreitend.» Billette und Informationen sind auf cantusbasel.ch zu finden.
Ein Beispiel für ein Band der Freundschaft – insgesamt werden musikalisch vier zur Aufführung gebracht – betrifft Johannes Brahms (1833–1897) und Antonín Dvořák (1841–1904). Brahms, als Mitglied der Kommission für staatliche Stipendien in Wien, setzte sich ein, dass dieses Stipendium über mehrere Jahre an Dvořák , in seinen Augen ein äusserst talentierter Musiker, den er sein Leben lang bewunderte, erteilt wurde. Durch Brahms’ Empfehlung Dvořáks bei seinem Verleger Fritz Simrock gelang Dvořák der endgültige internationale Durchbruch. Die erste Veröffentlichung bei Simrock betrifft Klänge aus Mähren, eine Sammlung von Duetten, die am Konzert vom 10. Mai auch auf dem Programm steht. Im Konzert erklingen diese in der Bearbeitung für einen vierstimmigen gemischten Chor von Leoš Janáček. So begann eine lebenslange kollegiale Freundschaft der beiden Komponisten, die einander ohne Neid bewunderten.


Riehener Zeitung 6. Dezember 2024

Cantus Basel singt Tango-Messe

rz. Der Chor Cantus Basel, der von der Dirigentin Olga Pavlu aus Riehen geleitet wird, und bei dem auch zahlreiche Riehener Sängerinnen und Sänger mitwirken, führt am Samstag, 14. Dezember, um 19.30 Uhr in der Pauluskirche Basel die Misa a Buenos Aires (Misatango) von Martín Palmeri und das Oratorio de Noël von Camille Saint-Saëns auf.
Der als Wunderkind geltende französische Komponist Camille Saint- Saëns (1835–1921) war mit nur 23 Jahren als Organist in die Kirche La Madeleine in Paris berufen worden. 1858 entstand in nur zwölf Tagen sein Oratorio de Noël und wurde am 25. Dezember desselben Jahres in der Madeleine uraufgeführt. Konzipiert ist das Werk für fünf Gesangsolisten, Chor, Streicher, Harfe und Orgel. Den Text hat der Komponist selbst aus verschiedenen Ausschnitten der Evangelien wie aus einigen Psalmen zusammengestellt. Entstanden ist eine musikalisch zauberhaft, innig wie ergreifend erzählte Musik.
Martín Palmeri (*1965) ist Argentinier mit italienischen und dänischen Wurzeln, wirkt als Komponist, Pianist und Dirigent. Seine Misa a Buenos Aires für Solo-Sopran, Chor, Bandoneon, Klavier und Streicher komponierte er 1995 bis 1996. Uraufgeführt wurde sie am 17. August 1996 vom Orquesta Sinfónica nacional de Cuba unter der Leitung von Fernando Álvarez im Teatro Broadway in Buenos Aires. In den Fussstapfen seines berühmten Vorgängers Astor Piazzolla komponiert auch Palmeri im Stil des Tango Nuevo. Verwurzelt in der Volksmusik des traditionellen Tangos geht Tango Nuevo als Stilrichtung neue kompositorische Wege: Salopp gesagt, wird der Tango vom Tanz- in den Konzertsaal gebracht. Karten sind via eventfrog.ch und an der Abendkasse erhältlich.


Riehener Zeitung 19. April 2024

«Stabat Mater» in der Theodorskirche

rz. Der Chor Cantus Basel, in dessen Reihen viele Sängerinnen und Sänger aus Riehen sind, und der auch von der Riehener Dirigentin Olga Pavlu geleitet wird, führt am Sonntag, 28. April, um 17 Uhr in der Basler Theodorskirche «Stabat Mater» von Antonín Dvořák auf. 
Der Text, als dessen Autor der Franziskaner Jacopone da Todi (1230–1306) vermutet wird, konzentriert sich gänzlich auf Maria, die leidende Mutter des gekreuzigten Jesus. Die Verbindung der religiösen Thematik mit der zutiefst menschlichen Perspektive hat einige Komponisten zur Vertonung animiert. Doch hat Dvořák unter ihnen eine ganz besondere Stellung. Seine Vertonung bezaubert und berührt durch die Innigkeit und Empfindung für die einzelnen im Text beschriebenen Bilder zutiefst.
Das Ehepaar Antonín und Anna Dvořák wurde von mehreren schweren Schicksalsschlägen getroffen. Im Jahre 1875 starb zwei Tage nach der Geburt ihre Tochter Josefa. In diese Zeit (1876) fällt die Entstehung der Klavierversion dieses Werkes. Nachdem 1877 ihre elfmonatige Tochter Růžena und vier Wochen später der erstgeborene Sohn Otakar starben, entschied sich Dvořák für die Orchestrierung sowie die Ergänzung des Werkes durch drei weitere Sätze. Die Uraufführung der Orchesterfassung fand 1880 in Prag statt.
Im Konzert von Cantus Basel wird die originale Klavierfassung um die drei später entstandenen Sätze ergänzt. So wird der vokalen Komponente – dem Ausdruck des elterlichen Leidens beim Anblick des toten Kindes – noch mehr Raum und Innigkeit verliehen. «Dieser tiefste aller menschlichen Schmerzen ist so ergreifend vertont, dass er nicht nur das Individuelle, sondern auch das allgemein Menschliche reflektiert», so der Konzertflyer. Das Werk bringe somit auch das heutige Leid der Menschen in den aktuellen Kriegen zum Ausdruck. Der Chor hoffe mit der Botschaft des Werkes auch auf die Versöhnung.


Riehener Zeitung 24. November 2023

Cantus Basel singt Britten und Rutter

rz. «Wolcum Yole!» lautet der Titel des diesjährigen Adventskonzerts von Cantus Basel und die darin ausgedrückte Fröhlichkeit ist Programm. Der Chor unter der Leitung von Dirigentin Olga Pavlu aus Riehen singt am Samstag, 2. Dezember, um 19 Uhr in der Basler Theodorskirche, und zwar als erstes «A Ceremony of Carols» von Benjamin Britten (1913–1976), woraus auch obiges Zitat stammt, ein Willkommenheissen der Weihnachtstage. 1942 hat Britten Gedichte aus «The English Galaxy of Shorter Poems» von Gerald Bullett vertont. Der Zyklus enthält elf Lieder, die teilweise den Gregorianischen Choral als Ursprung der europäischen Kirchenmusik reflektieren und mit moderner Musiksprache verschmelzen lassen.
Es werden auch zwei Werke des Pianisten, Dirigenten und Komponisten John Rutter (*1945) aufgeführt: «All Bells in Paradise», ein Auftragswerk des Choir of King’s College in Cambridge, das 2012 uraufgeführt wurde, und «For the Beauty of the Earth» (1978). In der englischen Chortradition fest verankert, erscheint Rutter als Nachfolger von Benjamin Britten. Rutter schrieb Werke für den Choir of King’s College sowie für diverse feierliche Anlässe der britischen Königsfamilie. Da sie von hohem kompositorischem Können wie von leichter Hörerzugänglichkeit zeugen, erreichten sie im Laufe der Jahre hohe Popularität bei Sängern und Publikum.
Im letzten Teil singt der Chor ausgewählte Gospelsongs, am Klavier begleitet von Christer Løvold. Unter www.cantusbasel.ch sind Infos und Karten erhältlich.


Riehener Zeitung 2. Juni 2023

CANTUS BASEL Basler Chor singt Vivaldi und Rutter

Lob und musikalischer Glanz

rz. Der Chor Cantus Basel, der von der Riehener Dirigentin Olga Pavlu geleitet wird, tritt am Samstag, 10. Juni, um 19.30 Uhr in der Peterskirche in Basel auf. Dargeboten werden Antonio Vivaldis (1678-1741) «Gloria» (RV 589) sowie John Rutters (*1945) «Magnificat» (1990), beide für Soli, Chor und Orchester. Es singen Annina Battaglia (Sopran) und Madeleine Merz (Mezzosopran); es spielt das Kammerorchester Cantus Consort. Karten sind bei www.cantusbasel.ch oder ab l8.30 Uhr an der Abendkasse erhältlich.
Im «Magnificat» vertonte John Rutter den bekannten biblischen, aus dem Lukas-Evangelium stammenden Text des Lobs an die Jungfrau Maria, im zweiten Satz ergänzt durch das auf Englisch verfasste Gedicht «Of a rose, a lovely rose, of a rose is all my song», das die Bewunderung für Maria unterstreicht. Rutter, unter anderem inspiriert durch Bachs Magnificat D-Dur, lässt die unterschiedlichsten Merkmale der europäischen Musik mitschwingen. Seine persönliche musikalische Sprache und Kompositionskunst lässt so Einflüsse vom gregorianischen Choral, der Imitationspolyfonie, der Fuge wie der englischen Carols mitschwingen und verbindet sie mit homofoner, melodiöser Mehrstimmigkeit. Es erklingen gar Jazz- und Filmmusikelemente. 1990 wurde das Werk unter der Leitung des Komponisten selbst in der Carnegie Hall in New York uraufgeführt.
Lob, Glanz und Kompositionsbrillanz bestimmen auch Vivaldis «Gloria», das mit dem leitenden Satz «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade» beginnt. Es geniesst heute grosse Beliebtheit auf den Konzertpodien. Doch war das lange nicht so, da Vivaldis Musik nach seinem Tod fast in Vergessenheit geriet und erst in den 1920er-Jahren wiederentdeckt wurde.


Riehener Zeitung 18. November 2022

«Navidad Nuestra» in der Leonhardskirche

rz. Am ersten Adventssonntag am 27. November um 17 Uhr, erklingt in der Basler Leonhardskirche die weihnächtliche Vorfreude in argentinischen Tönen.  Im Konzert des gemischten Chores Cantus Basel mit einem Instrumentalensemble wirken einige Riehener Sängerinnen und Sänger mit, unter der Leitung der Riehener Dirigentin Olga Pavlu, zusammen mit gebürtigen argentinischen Musikern, die in Basel leben. So der preisgekrönte Gitarrist Fabián Cardozo, der seit mehreren Jahren an der Riehener Musikschule unterrichtet, und Juan Helou, ein junger Schlagzeuger. Interpretiert wird die Musik des argentinischen Komponisten Ariel Ramirez: «Misa criolla» und «Navidad Nuestra».
Von innig und zart über volkstümlich heiter bis ausgelassen tänzerisch kommt diese Volksmusik daher, die Ramirez so kunstvoll komponierte. Geradezu elektrisierend wirken die Tanzrhythmen, die Ramirez inspiriert haben. So sind die einzelnen Teile der «Misa criolla» in den unterschiedlichsten Tanzschritten aus vielen Regionen Argentiniens kon zipiert.
Der Text von «Navidad nustra» von Felix Luna erzählt uns die biblische Weihnachtsgeschichte im südamerikanischen Kontext: Josef und Maria pilgern durch die eisige Pampa, die Hirten kommen aus allen Ecken Argentiniens und bringen dem Neugeborenen Käse, Basilikum und Thymian, Honig und einen wärmenden Poncho aus echtem
königlichem Alpaka. Weitere lnformationen und Tickets sind über www. cantusbasel.ch erhältlich.


Riehener Zeitung 12. November 2021

KONZERT Der Chor Cantus Basel sang vor vollen Zuschauerreihen

Die lnsel als Rosengarten

Für eineinhalb stunden nahm der Laienchor Cantus Basel am Sonntagnachmittag im fast ausverkauften Landgasthof seine Zuhörer mit auf die lnsel, und zwar auf deren titelgebende «Gay Landscapes», und dort in die «Gardens of Roses», und sang Lieder aus England, Irland, Schottland und Wales. 0lga Pavlu, die den Chor leitet, hatte ein buntes Programm zusammengestellt mit Kompositionen von John Dowland und Gwyn Arch, aber auch Ludwig van Beethoven und Leopold Kozeluch.
Zu Schottland gehört ein Dudelsackspieler, darum engagierte sie den Basler Stephan Züger, der, ausgebildet bei den Pipes and Drums of Basel, als Gast das Konzert eröffnete und auch beendete und unüberhörbar machte, wie schrill ein Dudelsack in einem geschlossenen Raum klingen kann. Als Ergänzung des Chores spielte das lnstrumentaltrio Simone Schmidlin (Violine), Michele Francesco Marrini (Violoncello) und Dominic Chamot (Piano) zwei Sätze aus dem «Schottischen Trio» von Leopold Kozeluch (1747-1818).

Einfühlsam und munter
Dowlands fünf «Ayres» (Lieder) singt der Chor, bei dem die jungen Stimmen in der Minderheit sind, im homogenen Gesamtklang, einfühlsam und vor allem souverän von Olga Pavlu dirigiert. Selbst das «Flow my tears» wird zum persönlichen Bekenntnis, und «Now, oh, now, I needs must part» singt der Chor als leicht sentimentales Gefühl. Und rasch, laut und munter schliesst er mit «Fine knacks for ladies».
Danach Themenwechsel hin zum dritten Satz aus Leopold Kozeluchs «Schottisches Trio g-Moll». Im böhmischen Welwarn geboren, schaffte der musikalisch Begabte es bis an den kaiserlichen 
Hof in Wien, doch als Komponist von rund 400 Werken, zum Beispiel 30 Sinfonien, 22 Klavierkonzerten, 63 Klaviertrios, ist er heute völlig vergessen. Seine Musik, das beweisen die beiden Sätze, die Schmidlin, Marrini und Chamot spielten, ist angenehm zu hörende, durchaus melodiöse Unterhaltung, mehr jedoch nicht.
Deutlich anspruchsvoller sind Beethovens schottische, irische und walisische Liedbearbeitungen, von denen wir am Sonntag neun hörten. Zu diesen Kompositionen wäre eine längere  Entstehungsgeschichte zu erzählen. Was heute erfreut, sind Beethovens instrumentale Vor- und Nachspiele, die den einfachen Liedmelodien, die Beethoven geliefert bekommen hatte, etwas von ihrer Hamlosigkeit nehmen. Danach drei schottische und drei irische Lieder, die Kozeluch für Sopran und Klavier vertont hat, und die hörbar machen, dass er ein ausgezeichneter Pianist gewesen sein muss. Ausdrucksstark von Olga Pavlu gesungen.
Zum Abschluss vier irische Folksongs, arrangiert von Gwyn Arch (1931-2021). Seine Bearbeitungen verändem die`Vorlagen sehr bedächtig, passen sie dem musikalischen Zeitgeschmack an und machen sie doch nicht modisch gefügig. Schön zu hören, auch munter vom Ghor gesungen. Auskehr mit der Dudelsackmusik, Stimmungsmacher für den Heimweg.

Nikolaus Cybinski


Riehener Zeitung 29. Oktober 2021

CHORKONZERT Cantus Basel singt Lieder aus England, Irland und Schottland

Lieder von den grünen Inseln

Lieder aus England, Irland und Schottland ertönen am Sonntag, 7. November, im Landgasthof in Riehen. Gerade in der durch Corona erzwungenen Reisepause waren diese Lieder eine willkommene Reisemöglichkeit. Und dies in Länder, die sonst einen Flugzeugsprung entfernt sind, und nun doch so unerreichbar wurden. Plötzlich schienen sie  fast so weit entfernt wie für Beethoven zu seiner Zeit.
Im 19.Jahrhundert pflegte man das Nationalbewusstsein mit dem Sammeln und Erhalten von Volksliedern. In Schottland war es George Thomson (1757-1851), Verleger aus Edinburgh, der zuerst Peyel, Kozeluch und Haydn damit beauftragte, Volksmelodien zu bearbeiten. Nach dem diese Komponisten  abgesagt hatten, wandte er sich an Ludwig van Beethoven (1770-1827). Dieser nahm die Anfrage an, doch die Kommunikation zwischen Edinburgh und Wien erwies sich als äusserst schwierig. Angesichts der während der napoleonischen Kriege unzuverlässigen Post sind mehrere Sendungen verloren gegangen. Trotzdem sind die zwischen 1809 und 1920 entstandenen 179 vokslieder nach und nach von Beethoven zu Thomson gelangt.
Obwohl Beethoven nie die britischen Inseln besucht hatte, vermittelt uns seine einzigartige Bearbeitung dieser Lieder in einer Begleitung durch klassisches Klaviertrio einen wundervollen Einblick in die Volksmusik der verschiedenen schottischen, irischen und walisischen Regionen. Die Soldaten erinnern sich an die gefallenen Kameraden, die für ihr Heimatland ihr Leben opferten, an ihre Kommandanten im Krieg und daran, wie sie im Pub den jeweils überlebten Tag begossen. Sie freuen sich auf die Liebste und träumen von ihrem Lächeln…
Auch der Komponist Leopold Kozeluch (1747-1818) befasste sich am Rande seines umfangreichen Schaffens mit den von George Thomson geschickten Melodien. Dies für ein Klaviertrio. Aus zwei dieser "Schottischen Trios" werden wir am 7. November auch Melodien spielen und singen.  Genauso John Dowlands (1563-1626) Lieder, die sozusagen zum „national treasure“ Englands geworden sind. Generationen von Zuhörern bezaubern sie durch ihre innige Melancholie, Sehnsucht und Lebensfreude. Ausserdem werden Gwyn Archs Irisch Folk-Songs erklingen, also Chorbearbeitungen von beliebten Melodien aus irischen Pubs. Darunter sind Liebes-, Heimat- und Trinklieder mit melancholischen, sehnsuchtsvollen und frechen Texten. Am Dudelsack wird uns Stephan Züger, am Klavier Dominc Chamot, an der Violine Simone Schmidlin und am Violoncello Michele Marrini begleiten. Viel Spass beim Zuhören!

Olga Pavlu, Leitung Cantus Basel

Gay Landscapes, Gardens of Roses. Sonntag, 7. November, 17 Uhr, Landgasthof Riehen. Vorverkauf: Fr. 40.-/20.- auf www.cantusbasel.ch und im Kundenzentrum Riehen. Abendkasse ab 16 Uhr mit Fr. 5.- Zuschlag.


Sindelfinger Zeitung 28.03.2018

Beweglichkeit trotz Masse

Böblingen: Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach als Kooperationsprojekt mit Basel und Augsburg

Von unserem Mitarbeiter Bernd Heiden

Großes hatte sich die Böblinger Kantorei mit der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach vorgenommen und sich dafür Verbündete gesucht. Gemeinsam mit dem Chor Cantus Basel und dem Augsburger Orchester La Banda wurde das Oratorium nun in der Kirche St. Maria aufgeführt.
Das schwäbisch-schweizerische Kooperationsprojekt führt zu einem Großaufgebot an Aktiven. Basler und Böblinger Chor summieren sich auf rund hundert stimmen, die auf historischen Instrumenten spielende La Banda Augsburg kommt in Doppelbesetzung, ganz dem werk entsprechend. Denn die monumentale, rund drei Stunden Aufführungsdauer beanspruchende Vertonung der Leidensgeschichte Jesu mit dem Matthäus-Evangelium als Basistext hat Bach für zwei Chöre und zwei Orchester geschrieben.
In St. Maria wurde dazu auch in die Vokalsolisten investiert. Die Männer-Partien sind aufgeteilt in einerseits den Bibeltext singende Rezitativ-Sänger und andererseits Vokalisten für die Arien. Und nicht zuletzt das Programmheft verrät, dass für diese Aufführung keine Mühen gescheut wurden: Neben großzügiger Aufmachung mit übersichtlicher Gliederung hat Gerlinde Feine einen superben Einführungstext verfasst.
Die Pfarrerin dröselt unterhaltsam, aber analytisch scharf, die perspektivisch ganz unterschiedlichen Rollen der verschiedenen Chöre und Solisten auf und bietet so dem Publikum gute Orientierung in dem gewaltigen Stück. Rezitative schildern treu dem Matthäus-Text folgend das Geschehen, Arien reflektieren das Geschilderte, Choräle stellen den Bezug zur Gegenwart des Hörers, damals Bachs Zeitgenossen, her und werben um Zustimmung bei der Gemeinde.
Dabei zählt Chor eins, in diesem Fall die Basler, zum Kreis der Eingeweihten, der um Jesus und seine Bedeutung weiß, während Chor zwei, also die Böblinger, die Außenstehenden von Pharisäern bis Schriftgelehrte bildet, denen erst gegen Ende die Bedeutsamkeit des Geschehens dämmert.

Zwei Chöre, zwei Orchester

Trotz zwei Chören und sogar einem unter den beiden Chorleitern, Cantus-Basel-Chef Walter Riethmann und Kantorei-Leiter Eckhart Böhm aufgeteilten Dirigat: Nicht nur zum großen Eingangs- und Schlusschor, immer wieder auch zwischendurch werden beide Chöre vereint aktiv.
Und das ist gut. Mit den Baslern gemeinsam gewinnen die Männerstimmen Anteile am Gesamtklangbild, auch wenn die Frauenstimmen einen Überhang bewahren. Die Chortempi sind zwar fernab romantischer Langsamkeitsliebelei, aber doch gesetzter als bei klein besetzten Barock-Spezialensembles. In den berüchtigten Turba-Chören mit einem Volk, das heutzutage bisweilen an eine Vampirbande im Blutdurstrausch erinnert, klingt der Chor in der Marienkirche auch nicht ganz so gallig-giftig. Mit seiner Masse verleiht er diesen Volk-Passagen freilich ganz eigenen Nachdruck.
Nicht nur große Chorsätze, auch Choräle offenbaren dazu, dass trotz der Größe gehörige Beweglichkeit im Chor herrscht: Wo gefragt, waltet mal sanfterer, mal energischerer rhythmischer Impuls. Dass die eine oder andere Chorstelle durchaus heikle Kost ist, blitzt während der drei Stunden zwar ab und an auf, insgesamt aber gelingt dem Kooperations-Chor eine sehr hörenswerte und bis in Details große Sorgfalt verratende Matthäus-Passion.
Unter den Gesangssolisten hat der Erzähl-Evangelist die herausragende Rolle, die mit Tenor Tino Brütsch trotz gelegentlich übermäßiger Höhenvorsicht herausragend besetzt ist. Trotz einnehmender Stimme, der Sopran von Eleonore Majer neigt in St. Maria zum Vibrieren. Bariton Thomas Scharr als Rezitativ-Christus gestaltet die Jesus-Rolle schlüssig zwischen Würde wahrend und dennoch innerlicher Beteiligung.
Den Jesu-Arien von Bariton Bernhard Hartmann steht seine Portion Bassdunkel gut an, aber seine Linienführung ist doch sehr sonor. Seine kleinen Rezitativ-Einlagen versprühen dagegen viel Lebendigkeit. Für die Alt-Arien wurde mit Mezzosopranistin Sarah-Lena Eitrich eine herrlich samtige Stimme verpflichtet, in den Tenorarien beweist Maximilian Vogler Präsenzfähigkeit auch ohne Pressung.
Das Orchester La Banda macht schlicht Hörspaß: In den vielen Solopartien, die die Passion mit einem Hauch von vielen Mini-Instrumental-Konzerte umranken, stehen Einzelne für die versammelte Könnerschaft. Dennoch keimt hier nie der Gedanke auf, hier wird ein Job routiniert erledigt. Im Gegenteil, auch das Profiorchester steht pars pro toto für eine Kooperations-Passion, die unterm Strich große Inspiriertheit aller Beteiligten vermittelte.

 


Böblinger Kreiszeitung 27.03.2018

Drei kurzweilige Stunden

Beeindruckende Aufführung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach durch die verstärkte Böblinger Kantorei in St. Maria

Zwei Chöre, zwei Orchester, sechs Solisten und knapp drei Stunden Dauer: Die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach ist ein musikalischer Gigant. Was die Böblinger Kantorei mit Unterstützung des Cantus Basel und dem Ensemble La Banda aus Augsburg am Sonntag darbot, geriet zur bewegenden und bewegten Darbietung.

Von Boris Belge

BÖBLINGEN. Es ist unmöglich, diesem Konzertereignis in wenigen Zeilen gerecht zu werden. Die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach gilt als ein, vielleicht sogar der Höhepunkt der Passionsvertonungen. Sie ist überreich an Symbolen und Bezügen und war zudem der Ausgangspunkt der Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert. Auch die Interpretationsmöglichkeiten scheinen unbegrenzt.
Die Böblinger-Basler Fassung, die am Sonntagabend vor großem Publikum in St. Maria dargeboten wurde, erwies sich als enorm vielgestaltig – rauschende Tutti-Passagen, herausragende solistische Leistungen und zarteste Pianoteile prasselten auf die Zuhörer ein. Der Erfolg des Abends verdankte sich in jedem Fall vier wichtigen Faktoren: dem Lösen einer organisatorischen Herkulesaufgabe, der historisch informierten musikalischen Darbietung, hochwertigen Einzelleistungen und der akribischen Klangarchitektur.

Organisation: Allein der Aufmarsch des Chores dauerte einige Minuten. Böblinger Kantorei und Cantus Basel füllten den Altarraum der Kirche St. Maria bis auf den letzten Quadratzentimeter und präsentierten sich als großes homogenes Klangorgan. Davor postierte sich La Banda Augsburg, in zwei Orchester aufgeteilt. Zuletzt nahmen Kantor Eckhart Böhm und Walter Riethmann aus Basel an zwei Dirigierpulten Platz, um sich in den folgenden drei Stunden Dirigat und Leitung der Klangkörper zu teilen. Während Riethmann noch den Schlussakord eines Rezitativs abwinkte, stimmte Böhm den Chor schon auf den nächsten Choral ein. Dirigierte der eine, blieb der andere hellwach und mit den Augen auf Partitur und Ensemble gerichtet. Das Dirigat war hier keine One-Man-Show eines alleinherrschenden Orchesterleiters, sondern partnerschaftliches und umsichtiges musikalisches Anleiten.
Orchester: Das Programmheft versprach bereits, La Banda Augsburg musiziere auf historischen Instrumenten. Musikerinnen und Musiker hinter den Pulten nahmen Streichinstrumente mit Darmsaiten, Barockoboen und Traversflöten in die Hände. Energisch schliffen sie an einer musikalischen Sprache, die an Transparenz, Lebendigkeit, Pointierung und großen Bögen interessiert war. Das Publikum erlebte historische Aufführungspraxis
von ihrer besten Seite. Sie tauchte das Werk in unterschiedliche Stimmungen und Schattierungen, die drei Stunden Musik ausgesprochen kurzweilig werden ließen.
Solisten: Bachs Matthäus-Passion ist erzählter und gedeuteter Bibeltext. Sie lebt davon, wie sehr es den Solisten gelingt, zu erzählen und Gefühle zu transportieren. Tino Brütsch bestach als Evangelist durch messerscharfe Deklamation und Geschmeidigkeit im Vortrag, Thomas Scharr überraschte als Christus-Bariton immer wieder mit abgrundtiefer Energie, wenn er einzelne Schlüsselwörter wie „verraten“ und „verleugnen“ fokussierte. Eleonore Majer (Sopran), Sarah-Lena Eitrich (Mezzosopran), Maximilian Vogler (Tenor) und Bernhard Hartmann (Bariton) luden die Arien, musikalische Zentren der Passion, mit je eigenen Klangvorstellungen auf, stellten ihre Virtuosität und Ausdrucksstärke aber stets in den Dienst der Gesamtaufführung.
Klangarchitektur: Der Eingangschor „Kommt ihr Töchter, helft mir klagen“ stimmte bereits darauf ein, dass beide Gesangsensembles ihre Hausaufgaben gewissenhaft gemacht und einige Überstunden eingelegt hatten. Dringlich und intensiv deklamierten Cantus Basel und Kantorei das Wehklagen, ohne sich in romantischer Gefühlsduselei zu verlieren. Die Choräle waren keine Pflichtübung, sondern selbst Teil der Werkinterpretation. Das chorale Zentrum der Passion – Paul Gerhardts „O Haupt voll Blut und Wunden“ – war so zwischen den einzelnen Strophen ausdifferenziert, klang mal energisch-mächtig, mal zurückhaltend hilflos.
Als die letzten Takte des Schlusschores verklungen waren, baten die Aufführenden um einige Minuten der Stille. Publikum und Akteure brauchten sie auch, um zu reflektieren, was sie gerade erlebt hatten. Die Matthäus-Passion gehört sicherlich bereits jetzt zu den absoluten Höhepunkten des Böblinger Konzertjahres.


Riehener Zeitung, 4. November 2011

KONZERT Wer gerne Dvořák, Liszt und Janáček hört, sollte jetzt weiterlesen

Zum Cantus Chor in die Martinskirche

ph. Unbekannte Werke für Chor und Orchester aus der Feder von Dvořák, Liszt und Janáček - auf diesen Nenner lässt sich das neue Konzertprogramm des Cantus Chors bringen. Es sind drei ausladende, gross besetzte Werke von ganz unterschiedlicher Thematik, aber auffallend ähnlicher Emotionalität. Obwohl die drei aufgeführten Komponisten zu den wichtigsten des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts gehören, werden zwei der aufgeführten Werke, Antonín Dvořáks Hymnus «Die Erben des Weissen Berges» und Leoš Janáčeks Kantate «Amarus», nach Wissensstand des Chors, erstmals in Basel erklingen. Der Chor wird diese beiden Werke in der Originalsprache, in Tschechisch, aufführen.
Cantus Basel singt dieses Konzert zusammen mit seinem Partnerchor Cantus Zürich und wird begleitet vom Orchester Consortium Musicum. Als Solisten wirken der Tenor Valentin Johannes Gloor, und der Bassbariton Martin Hensel mit.
Konzert des Cantus Chors am Samstag, 12. November, um 20 Uhr in der Martinskirche Basel. Liszt: Der 13. Psalm, für Tenorsolo, Chor und Orchester. Janáček: Amarus, Kantate für Baritonsolo, Chor und Orchester. Dvořák: Die Erben des weissen Berges, Hymnus für Chor und Orchester.


Basellandschaftliche Zeitung vom 11. Mai 2009

Magische Momente gabs

Der Chor Cantus Basel sang in der Martinskirche

FABIAN KRISTMANN
Nur selten einmal findet Arthur Honeggers «Le Roi David» seinen Weg in den Konzertsaal. Geleitet von Walter Riethmann hat sich der Chor Cantus Basel nun an diesen «symphonischen Psalm» nach einem Drama von Rene Morax herangewagt und damit in der Basler Martinskirche die Gelegenheit geboten, diese faszinierende Komposition wieder einmal zu erleben. Begleitet wurde das Laien-Ensemble vom Berufsorchester Consortium Musicum, das von Riethmann 1999 gegründet wurde.

Das dicht gearbeitete Werk des Schweizers Honegger entstand 1921 und erzählt auf der Basis des Alten Testaments das Leben des jüdischen Königs David. Chorsätze und Arien wechseln oratorienartig mit gesprochenen Passagen ab: Der Sprecher schildet die eigentlichen Geschehnisse. Die unmittelbar anschauliche Tonsprache lässt jede romantische Emotionalität hinter sich, ist sachlich und direkt, die illustrativen Stimmungsmomente haben stellenweise einen leicht archaisierenden Einschlag; anstelle eines Sinfonieorchesters genügt dem Komponisten ein 15-köpfiges, bläserdominiertes Instrumentalensemble.

WAlTER RIETHMANN setzte in den Tempi selten auf gerundete Flexibilität und erzielte eine eher blockhafte Dynamik; die wenigen Pianissimo-Stellen gerieten dafür umso beeindruckender. Insgesamt konnte er auf eine bemerkenswerte Aufinerksamkeit bei den Chormitgliedern sowie auf glasklare Präzision bei den Instrumentalisten zählen. So entstand eine zwar etwas unterkühlte, aber doch dem Charakter der Komposition bestens angepasste Interpretation mit manchen bezwingenden, geradezu magischen Momenten, die ihre Wirkung oft gerade dem Verzicht auf (rhythmische) Elastizität verdankten.

Dieselbe Tendenz zum klaren Konturieren fand sich bei den drei Gesangssolisten und -solistinnen wieder: sicher und gut artikulierend, wenn auch in der Höhe mit Tendenz zur klanglichen Verflachung der Tenor Walter Siegel, unangestrengt und doch präsent die Altistin Liliane Zürcher. Zur Enttäuschung mancher Anwesender fiel die beim Basler Publikum ebenso bekannte wie beliebte Sopranistin Maya Boog krankheitshalber aus. An ihrer Stelle sang Corinne Angela Sutter, deren fast schon klirrend helle Färbung sicn bestens in die Klanglichkeit des Konzerts einfügte und ein unverkrampftes grosses Volumen dennoch nicht ausschloss.

OHNE SICH AUFZUDRÄNGEN oder sich übertrieben theatralisch zu gebärden, rezitierte der Schauspieler David Bröckelmann die erzählenden Textpassagen und trug damit wesentlich zu einer in sich geschlossenen, durchgehend hochklassigen Aufführung dieses nicht allzu bekannten Meisterwerks bei.


Ankündigung in der Baslerzeitung vom 7. Mai 2009

Rückkehr von «Roi David»

Das grosse Oratorium von Arthur Honegger in Basel

GEISTLICH & WELTLICH. Der «Roi David» von Arthur Honegger gehört zu den interessantesten neoklassischen Werken im Grenzbereich zwischen geistlicher und weltlicher Musik. Der Komponist schrieb es 1921 für eine Aufführung im Théatre du Jorat in Mézières; Paul Sacher hat es öfter in Basel dirigiert. Jetzt kehrt das in den letzten Jahren seltener zu hörende Werk mit dem Cantus-Chor nach Basel zurück. In einer einmaligen Aufführung singen die Sopranistin Maya Boog, die Altistin Liliane Zürcher, der Tenor Walter Siegel — und natürlich der Cantus-Chor mit dem Instrumentalensemble Consortium Classicum. Die Leitung hat Walter Riethmann. bli
> Martinskirche, Basel. Sa, 9. Mai, 20 Uhr. Vorverkauf Musik Wyler.


Basellandschaftliche Zeitung vom 18. Dezember 2007

Feierliche Musik

Chorkonzert, Cantus Basel zu Weihnachten

Von Paul Schorno

Bei der Vielzahl von Weihnachtkonzerten in Basel und Umgebung ist es erstaunlich, festzustellen, dass sie durchwegs sehr gut besucht sind. Beim Konzert am Samstag, "In dulci jubilo", mit dem Chor Cantus Basel und vier Blechbläsern des Consortium Musicum war die Theodorskirche Basel schon eine Viertelstunde vor Beginn so ziemlich vollbesetzt.
Dirigent Walter Riethmann stellte am Anfang das Programm vor uns äusserte sich dazwischen zu den Werken und deren Komponisten. Zur Wiedergabe gelangte festliche Chor- und Bläsermusik aus dem Frühbarock und der Renaissance. Zu hören waren zum Teil recht selten gehörte Kompositionen, auch Werke, bei denen das Können des Konzertchors mit rund fünfzig Miwirkenden geprüft wurde. Sieht man von vereinzelten wackligen Passagen ab, fiel das Resultat sehr gut aus.

MUSIKALISCHE KOSTBARKEITEN stammten aus der Feder von Heinrich Schütz, "Der 100. Psalm" von Samuel Scheidt, "Angelus ad pastores ait", und vom um 1600 herum in der Ostslowakei geborenen Zacharias Zarewutius, das von den Bläsern begleitete Magnificat. Als anspruchsvolles Vokalwerk erwies sich "Schaffe in mir Gott" von Johannes Brahms. Bekannte Weihnachtslieder wurden in der Folge in ihren alten originalen Sätzen zu Gehör gebracht, "Ein Kind geborn zu Bethlehem" von Bartolomäus Gesius. "In dulci jubilo" von Hieronymus Praetorius, "Wie schön singt uns der Engel Schar" von Cornelius Freudt. Rein Instrumentales bot das klangfeste Bläserquartett beim "Canzon 9" von Constanzo Antegnati, "Ricercar del duodemico tuono" des Venezianers Andreaz Gabrieli und "Trois danses" des Franzosen Claude Gervaise. Neben den Bläsern fungierte am Orgelpositiv Andreas Schönberger.
Schliesslich wurde auch das Publikum zum Akteur: Im Programmheft waren von fünf Liedern nicht nur die Texte, sondern auch die Noten, vierstimmig abgedruckt. Erstaunlich die Bereitschaft zum Mitsingen und der respektable Ad-hoc-Riesenchorklang. Die vorgetragenen Lieder: "Tochter Zion", "Freue dich", "Es ist ein Ros entsprungen", "Herbei, o ihr Gläubi'gen", "Hört der Engel helle Lieder" und "O du fröhliche". - Ein ausnehmend ansprechendes Weihnachtskonzert.


Basellandschaftliche Zeitung vom 16. Mai 2007

Mit vollem Klang

Von Paul Schorno

KLASSIK Haydns «Schöpfung»

Erst vor wenigen Tagen erklang in Basel Joseph Haydns populärstes Werk, sein Oratorium «Die Schöpfung». Nun erklang es erneut: In der sehr gut besuchten Martinskirche musizierte das 1999 von Walter Riethmann gegründete Berufsorchester Consortium Musicum, dirigiert von seinem Gründer.

DEN VOKALEN PART bestritt Cantus Basel, ein Konzertchor dessen Wurzeln bis ins Jahr 1826 und zum traditionsreichen Basler Männerchor zurückgehen. Bei den drei Gesangssolisten berücksichtigte man Künstler mit voluminösen, reifen, in Ausdruck und Gestaltung tragfähigen, souveränen Stimmen. Es waren dies die Sopranistin Maria C. Schmid, der Tenor Simon Witzig und der Bariton Marc-Olivier Oetterli, die raumfüllend Haydns melodische Klangfülle ausbreiteten. Von der ersten Aufführung dieses Chorwerkes am 19. März 1799 ist ein volkstümlicher Bericht erhalten, in dem es heisst «... was mir gar gut gfalln hat, es ist hoch geschriebn, und doch verständlich dabei.» Womit das Geheimnis des ungebrochenen Erfolges dieser «Schöpfung» auf einen schlichten Nenner gebracht worden ist. Selbst von Napoleon Bonaparte ist ein Kommentar überliefert. Nach der Pariser Erstaufführung stellte er fest: «Der Triumpf der Ordnung war gewaltig!»

GEMEINT WAR und ist, dass vor jener Ordnung, die mit dem Licht der Vernunft, der «Aufklärung», eintrat, das Chaos herrschte. Was der Komponist in seiner musikalischen Umsetzung als Einleitung an den Beginn des dreiteiligen Werkes stellte. Der Zuspruch und der Applaus der Konzertbesucher bei der Wiedergabe in der Martinskirche demonstrierten die Zufriedenheit mit dem Gehörten. Dirigent Walter Riethmann leitete die Aufführung mit Sorgfalt und Umsicht, extreme Ausgestaltungen strebte er nicht an.

Der Chor verstand es, differenziert, in der stimmlichen Balance nicht durchwegs ausgewogen, den Stimmungsgehalt des Werkes zu konkretisieren. Szenengerecht prononciert steuerte das Orchester einen sicheren Kurs, was kleine Unebenheiten (bei den Tempi) nicht ausschloss. Stützend war Andreas Schönenbergers Spiel am Hammerklavier.


Ankündigung in der Baslerzeitung vom 10. Mai 2007

Haydns "Schöpfung" mit Cantus Basel

HIT. Als Haydn die phänomenale Erschaffung der Welt in Töne setzte, schuf er eines seiner erfolgreichsten Werke. Der Chor Cantus Basel unter Walter Riethmann und das Consortium Musicum interpretieren die "Schöpfung" gemeinsam mit den Solisten Maria C. Schmid, Simon Witzig und Marc-Olivier Oetterli.


Konzert in Zürich am 28. Oktober 2006, in Basel am 29. Oktober 2006;
F.Th. Fröhlich "An Babels Strömen" Erstaufführung, F. Mendelssohn "Infelice", L. Cherubini "Messe Solennelle"

Ankündigung in der Baslerzeitung vom 26. Oktober 2006:
Felix, Fiocco, Fröhlice: Das Konzertwochende steht im Zeichen der Chöre

Von Siegfried Schibli

Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Geht der Oktober zu Ende, sind die früchte unserer Laienchöre reif und wollen geerntet werden.
Ein Teil der "klassischen" Musikkultur wird nicht von professionellen Kräften bestritten, sondern von Laien. Das gilt besonders für die Chorkultur, die davon profitieren kann, dass Chorwerke seit jeher fast immer in erster Linie für Laienchöre geschrieben worden sind. Selbst die grössten Chorkompositionen von Bach, Beethoven oder Brahms sind von Laiensängern zu bewältigen - ja, bisweilen möchte man ein engagiertes Laienensemble, das mit Herzblut bei der Sache ist, der kalten Profi-Qualität gar vorziehen. Am Wochenende begegnen in Chorkonzerten der Region so bekannte Komponistennamen wie Carl Orloff ("Carmina burana") oder Felix Mendelssohn-Bartholdy, daneben aber auch so wenig bekannte Namen wie Joseph Hector Fiocco und Friedrich Theodor Fröhlich. Auch den Russen Bortniansky und den Italiener Cherubini darf mann in diese Reihe aufnehmen.
Flämisch. 
Machen wir den Anfang mit dem reformierten Kirchenchor Sissach. Er bietet gleich in drei Durchgängen eine schweizer Erstaufführung dar - die Missa Solemnis des flämischen Geigers und Chorleiters Joseph Hector Fiocco (1703 - 1740). Christoph B. Herrmann leitet die Aufführungen mit Solisten, Chor und dem Leimentaler Kammerorchester. Ebenfalls eine Missa Solemnis, die Krönungsmesse für Louis XVIII von Luigi Cherubini, bietet der Cantus Chor dar. Neben diesem Monumentalwerk der italienischen Opernmeisters steht die schweizer Erstaufführung der Psalmvertonung "An Babels Strömen" des in Brugg geborenen Friedrich Theodor Fröhlich. Dieser erlernte sein kompositorisches Handwerk hauptsächlich in Berlin, wo er beim berühmten Zelter studierte und die neustern Werke der Zeit - Beethoven, Mendelssohn, Spohr und Paganini - hörte. Wie weit sein geistliches Werk von diesen Erlebnissen geprägt ist, wird spannend zu hören sein.
Amerikanisch. 
Andere Wege geht derweil die Basler Liedertafel. Sie tritt am Wochenende gleich in zweifacher Gestalt mit zwei Programmen auf - am Samstag der Reveille-Chor im Häbse-Theater mit einem amerikanischen Programm unter dem Titel "At the river" und am Sonntag der Grosschor im Verbund mit dem Wiener Männergesang-verein in Münchenstein mit einem aus Wienerischem und Russischem gemischten Program.


Konzert in Basel am 18. Dezember 2005: Bach Weihnachtsoratorium Kantaten 1 - 3

Basellandschaftliche Zeitung vom 20. Dezember 2005: Einstimmung auf die Feiertage
Martinskirche / Cantus Basel und das Orchester Consortium Musicum spielten Bachs Weihnachtsoratorium.

Von Giselle Reimann

BASEL. Mit Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium schien der Chor "Cantus Basel" eine Woche vor Weihnachten goldrichtig zu liegen: In einem kaum enden wollenden Strom drang das Publikum in die Martinskirche und füllte diese bis fast auf den letzten Platz. Eine bessere Einstimmung auf die Feiertage kann man sich ja auch kaum vorstellen: Bachs Weihnachtsoratorium ist praktisch der Inbegriff von Feierlichkeit, so manche Melodie taucht im einen oder andern Weihnachtslied wieder auf.
Das Besondere an Bachs insgesamt sechs Kantaten ist, dass sie alle in sich abgeschlossen, also einzeln aufführbar sind, dass sie über den Text aber dennoch in einem grossen Zusammenhang stehen und als Zyklus gesehen werden können - zu Bachs Zeiten eine kaum je gesehene Herangehensweise an die Musik.

Die ersten drei Kantaten wurden aufgeführt
Im Rahmen des Konzertes in der Martinskirche kamen die ersten drei Kantaten zur Aufführung, die inhaltlich die Zeit vor Jesu Geburt, die Geburt selbst sowie die Verkündung der frohen Botschaft behandeln.
Der Chor ging dezent mit dem vielgehörten Werk um. Der bekannte Stoff wurde nicht überstrapaziert, man versuchte keine neuen Grenzen auszuloten, sondern das Bekannte mit viel Sorgfalt zu pflegen. Passend dazu spielte das Orchester "Consortium Musicum" auf historischen Instrumenten, deren Klang nie dominant wirkte, sondern immer harmonisch und rund.
Unter der Leitung von Walter Riethmann fügten sich Orchester und Chor zu einem Ganzen zusammen, wobei viel Wert gelegt wurde auf den feinfühligen Umgang mit Nuancen. Besonders auffallend war die deutliche Artikulation im Chor, die bei immerhin fünfundfünfzig Mitwirkenden nicht selbstverständlich ist.
Die gleiche Richtung schlugen auch die Solisten ein. Natürlich liegt es in der Natur der Musik, die nicht pompös, sondern mit einer gesetzten Feierlichkeit daher kommt, dass auch die Soloparte nie dominant wirken. Regula Grundler (Sopran), Martin Oro (Altus), Valentin Johannes Gloor (Tenor) und Stefan Vock (Bass) fingen diese Atmosphäre gekonnt auf und integrierten sich in den Corpus von Orchester und Chor. Die eine oder andere Solostelle hätte allerdings etwas mutiger gestaltet werden können.
Dem Publikum bot sich so ein stimmiges Ganzes, und es konnte den Heimweg antreten mit dem Gewissen, nun optimal auf Weihnachten vorbereitet zu sein jedenfalls, was die Stimmung angeht.


Konzert in Riehen am 4. Juni 2005 Basel: "Brahms und Boulanger"

Ankündigung in der BaZ Tagestipp vom 4. Juni 2005:
Französische Moderne: Lili Boulanger und Jehan Alain Ob Zufall oder nicht: Gleich zwei jung verstorbene Persönlichkeiten der französischen Musikszene nach 1900 werden am Wochenende in Erinnerung gerufen 
KOMPONISTIN. Ihre Schwester Nadia wurde als Lehrerin berühmt, sie selbst hat sich als Komponistin einen Namen gemacht: Lili Boulanger, die mit 24 Jahren 1918 einer schweren Krankheit erlegen ist. Mit 19 Jahren gewann sie den Rompreis des Pariser Konservatoriums, und in den wenigen Jahren, die ihr verblieben, schuf sie ein beeindruckendes OEuvre, das vor allem aus Vokalmusik besteht. Von Lili Boulanger singt der Chor Cantus Basel am Wochenende Chorwerke, die man so gut wie nie zu hören bekommt und die ihre Prägung durch den französischen Impressionismus eines Debussy und Ravel zum Ausdruck bringen. Daneben interpretiert der von Walter Riethmann geleitete gemischte Chor in bewusstem Kontrast Zigeunerlieder von Johannes Brahms. Das Konzert wird doppelt geführt: am Samstag um 19 Uhr im Landgasthof Riehen und am Sonntag zur selben Zeit im Museum von Liestal.
ORGANIST. Jehan Alain wurde 18 Jahre nach Lili Boulanger ebenfalls in Paris geboren. Auch er kam in jungen Jahren zu Tode – 1940 im Luftkrieg. Und auch er hat mit der Organistin Marie-Claire Alain eine als Interpretin und Pädagogin berühmte Schwester. Dem Komponisten Jehan Alain ist ein kleines, von der Organistin Babette Mondry initiiertes Basler Festival gewidmet, das mit einem Kinderkonzert am Samstag um 17 Uhr beginnt und in der Aufführung der grossen Orgelwerke Alains (unter anderem der berühmten «Litanies») am Sonntag um die gleiche Zeit gipfelt. In diese Aufgabe teilen sich vier Organisten: allen voran Guy Bovet, dann die Jüngeren Emmanuel Le Divellec, Marc Fitze und Tobias Willi.
> «Cantus»: Sa, 19 Uhr, Landgasthof Riehen, So, 19 Uhr, Museum BL, Liestal.
> Alain-Festival: Sa, 17 und 20 Uhr, So, 10 und 17 Uhr, Peterskirche, Basel.  



Basellandschaftliche Zeitung. Dienstag, 7. Juni 2005 / Seite 8 (Kultur)

Rätselhafte Mystik CHORKONZERT / Der Konzertchor Cantus Basel interpretierte im Riehener Dorfsaal Lieder von Lili Boulanger und Johannes Brahms.
Von Rolf de Marchi

RIEHEN. "Nicht die Schmerzen sind es die mich so mutlos machen - sondern weil ich begreife, dass ich niemals das Gefühl haben werde, das getan zu haben, was ich wollte." Diese Worte schrieb Lili Boulanger (1893-1918) knapp zwei Jahre vor ihrem mit grossem Leiden verbundenen Tod. Nur 24 Jahre alt wurde die jüngere Schwester der wesentlich berühmteren Komponistin und Kompositionslehrerin vieler berühmter Tonsetzer des vergangenen Jahrhunderts Nadia Boulanger, die übrigens 91 Jahre alt wurde. Dass die jüngere Lili wohl eine ähnlich grosse Karriere als Komponistin hätte machen können wie ihre ältere Schwester, wenn der Tod sie nicht so früh aus dem Leben gerissen hätte, beweist die Tatsache, dass sie als erste Frau den wohl wichtigsten Kompositionspreis gewonnen hatte, den Frankreich zu vergeben hat, den 1er Grand Prix de Rome von 1913.

Lili Boulangers impressionistische Musik

Nebst Klavier und Kammermusik schrieb die Lili Boulanger vor allem Werke für Chor mit Klavier- oder Orchesterbegleitung. Der Konzertchor Cantus Basel hat mehrere dieser Werke unter der Leitung von Walter Riethmann im Konzertsaal des Landgasthofes Riehen zur Aufführung gebracht. Sehr kompetent und mit grosser Sensibilität für Dynamik wurde der Chor vom Pianisten Christian Thurneysen begleitet, wenn man von ein, zwei Stellen absieht, wo das Temperament etwas mit ihm durchging und er mit seinem Spiel den Chor übertönte.
Als Solisten wurden die Sopranistin Regula Grundler verpflichtet, die ihre Partien mit geschmeidiger Stimme sang, sowie Aurea Marston mit einer warmen, vollen Mezzosopranstimme und schliesslich der Tenor Walter Siegel, der anfänglich ein wenig unsicher klang, ansonsten aber seine Sache gut machte.
Zusammen mit dem Chor vermochten sie Lili Boulangers impressionistische Musik voller Ausdruckskraft und rätselhafter Mystik gefühlvoll umzusetzen. Es ist zu hoffen, dass der Cantus Chor auch in Zukunft solche Perlen suchen und zur Aufführung bringen wird.
Im verteilten Programm konnte man aber leider nichts über die Autoren der Liedtexte wie beispielsweise von Maurice Maeterlinck, dem Autor von "Reflets", erfahren.Nach der Pause sang der Chor dann noch die Zigeunerlieder op. 103 und 112b von Johannes Brahms. Sauber intoniert und mit Verve sang der Chor diese Lieder. Die Textverständlichkeit war übrigens wie schon vorher bei Lili Boulangers französisch gesungenen Liedern ausgezeichnet. Nach lang anhaltendem Applaus brachte der Chor das anregende Konzert mit "In stiller Nacht, zur ersten Wacht" von Johannes Brahms zum Abschluss.   


Basler Zeitung, BAZ, vom 6. Juni 2005 Gutgemeint
Gefordert – der Cantus-Basel-Chor wagt sich an Unbekanntes
Von Markus Erni

Der Laienchor Cantus Basel gastierte in Riehen und Liestal – und stiess in verschiedener Hinsicht an seine Grenzen. Das lag nicht zuletzt an der fehlenden Dramaturgie.
Ein Programm mit einer Unbekannten, Lili Boulanger, und allzu Bekanntem, den Zigeunerliedern von Brahms, gehörten lange Zeit zum festen Bestandteil des Konzertlebens. Und die Idee, der viel zu wenig bekannten Lili Boulanger (1893–1918), der jung verstorbenen Schwester Nadia Boulangers, eine Programmhälfte zu widmen, ist löblich. Walter Riethmann, Dirigent des Cantus-Basel-Chors, mischte mit Geschick Chorstücke und Sololieder. Freilich gerieten alle Beteiligten rasch an ihre Grenzen.

UNAUSGEWOGEN. Verführerisch müssten «Les sirènes» tönen; Sehen, Riechen und Hören vermischend «Soir sur la plaine»; munter-schäkernd «Renouveau» (Frühlingslied); inbrünstig «Hymne au soleil». Lili Boulangers Musik ist klanglich attraktiv, bräuchte aber ein sorgfältiges Austarieren der Stimmen und reines Intonieren. Was das Austarieren betraf: Die Herren- waren halb so gross wie die Damenregister; am Klavier (Christian Thurneysen) wurde ehrlich buchstabiert, aber ohne Sinn für Mischklang; und die Solostimmen wirkten durch die Aufstellung vor dem Flügel abgehoben, zu wenig integriert. Letztere waren qualitativ sehr unterschiedlich, einzig die Mezzosopranistin Aurea Marston verfügte – namentlich im Lied «Reflets» – über eine gesangliche wie sprachlich-deklamatorische Souveränität.
Mit der Intonation haperte es: Zugegebenermassen gibt es sehr exponierte Lagen und ist die Intervallik für einen Laienchor ungewohnt, aber der Klang konnte unter solchen Voraussetzungen gar nicht zum Schwingen kommen, blieb über weite Stecken stumpf.

UNZULÄNGLICH. Wo Lili Boulanger für die meisten Entdeckung bedeutete, gehören die Zigeunerlieder zum Populären von Brahms. Und da blieben viele Wünsche offen: Wäre doch der Chor unten, im ohnehin halbleeren Saal und nicht auf der Bühne aufgestellt worden, wo ein Gutteil des Klangs in den Soffitten verschwindet. Hätte der Pianist doch gemeint, er spiele Schubert und nicht Brahms, dann hätte die Begleitung weniger einförmig-schwer geklungen. Würde der Dirigent doch nicht die Zählzeit, sondern den Takt schlagen, wahrscheinlich hätte sich dann etwas von der «zigeunerischen» Agogik eingestellt.
Wo war die Dramaturgie in den Texten, die es zugelassen hätte, die 15 Nummern zu Abschnitten zusammenzufassen, statt sie mechanisch mitden immer gleichen Pausen abspulen zu lassen? Hat nicht Brahms selber durch die lockere Zuordnung von Opusnummern und die Sololiedbearbeitungen auch den Weg zu einer Auswahl von einzelnen Ausschnitten geebnet?
Mehr Konzentration durch Reduktion hätte dem Programm gut getan!
Wenn der Neue Basler Kammerchor unter der Leitung von Martin Schmidt Rossinis "Petite Messe Solennelle" aufführt, mit Klavier und Harmonium, gibt es nicht viel zu erklären - Rossinis Meisterstreich hört man immer gern.
Im Konzept aufwändiger ist das Konzert des Chors Cantus unter der Leitung von Walter Riethmann. Man hat Werke von sieben Basler Komponisten aus einem Zeitraum von rund 500 Jahren ausgewählt. Das Programm konfrontiert den in der Renaissance in Basel orgelnden und lehrenden Belgier Samuel Mareschall mit dem 1919 geborenen, in Basel heimisch gewordenen St. Galler Robert Suter; von diesem gibts "Drei geistliche Sprüche".
Der um 1486 in Basel geborene Ludwig Senfl will ein "Herzlieb erwerben", wenn "es taget vor dem Walde"; der 1953 in Basel geborene David Wohnlich hofft mit Christian Morgenstern, man möge dem Huhn in der Bahnhofshalle ("nicht für es gebaut") nichts tun. Seine Gesänge nach Morgenstern-Gedichten für gemischten Chor und Schlagzeug (1984/2003) werden in diesem Konzert uraufgeführt. Die anderen Basler im Programm: Conrad Beck ("Der Tod des Oedipus"), Peter Escher, Hans Huber.Eine zweite Chor-Uraufführung ist bei den Vocales Basilienses unter der Leitung von Rolf Urech zu erleben. Der in Liestal aufgewachsene Markus Wettstein, heute in Berlin, stellt seinen Sestinenzirkel für Chorgruppen und Klavier vor. Das Stück orientiert sich an der alten Gedichtform der Sestine -sechs sechszeilige Strophen mit wiederkehrenden Schlüsselworten - und kombiniert ein eingegrenztes Material in sechs Abschnitten immer neu. Der Zauber der Zahl "6" wird auch bei Palestrina, Monteverdi, Strawinsky sowie den experimentell mit der Form spielenden Komponisten Oskar Pastior und Christoph Schiller erkundet. tw

 


Konzert in Basel am 5. September 2004

Ankündigung in der Basler Zeitung, Basler Agenda Nr. 35 (2. September 2004)
Frontseite: Transit für Seele

Eins der meistaufgeführten Werke von Giuseppe Verdi ist keine Oper, sondern die Messa da Requiem. Seltener zu hören ist sein allerletztes Werk: die «Quattro pezzi sacri». Der Chor Cantus Basel bringt sie zur Aufführung und stellt dem Basler Publikum zugleich einen unbekannten Komponisten vor: Lorenzo Perosi, dessen Oratorium «Transitus animae» hier wohl zum ersten Mal zu hören ist. Basel, Stadtcasino. Konzert am 5. September, 19 Uhr. www.cantusbasel.ch

Cantus Basel: Geistliche Musik von Giuseppe Verdi und Luigi Perosi: Seelen und Skalen
Von Christian Thurneysen

So sehr uns Italien vorrangig als Land mit grosse Operntradition bekannt ist, das berühmte Komponisten wie Verdi, Rossini oder Puccini hervorgebracht hat, so selten sind wir uns bewusst, welch grosse Bedeuting die katholische Kirche im Werk ebendieser Komponisten hat. eines der meistaufgeführten Werke Giuseppe Verdis beispielsweise ist die "Missa da Requiem": ein Höhepunkt der italienischen Skralmusik.

Auch die «Quattro Pezzi Sacri», sein allerletztes Werk, hat Verdi nicht für die Oper geschrieben. Doch während das Requiem seinen festen Platz im Repertoire der Chöre hat, werden die vier geistlichen Stücke eher selten aufgeführt (in Basel zuletzt vom Regiochor Binnigen); zu Unrecht, gehören doch diese vier Werke zum Reifesten, was an choraler Kirchenmusik komponiert wurde. Ausgangspunkt der Komposition allerdings war die ganz und gar weltliche Aufforderung der «Gazzetta Musicale di Milano» im Jahr 1888, eine rätselhafte Tonleiter (scala enigmatica) mit Harmonien zu versehen. Verdi meisterte diese Aufgabe im ersten Stück «Ave Maria» mit Bravour. Die drei weiteren Stücke «Stabat Mater», «Laudi alla Vergine Maria» und «Te Deum» schrieb Verdi im Alter von 83 Jahren und wollte sie unaufgeführt lassen. Glücklicherweise konnte er vom Gegenteil überzeugt werden: Die italienische Erstaufführung unter Arturo Toscanini wurde ein Riesenerfolg.

Der Konzertchor Cantus Basel bringt zusammen mit dem Cantus Zürich aber nicht nur das letzte geistliche Werk des grossen Opernkomponisten Verdi zur Aufführung, sondern stellt dem Basier Publikum auch einen Komponisten vor, der zeitlebens nie eine Oper geschrieben hat. Diese überraschende Tatsache mag einer der Gründe sein, weshalb der 1872 in Tortona geborene Lorenzo Perosi nicht die Popularität seiner Zeitgenossen erlangt hat. Nach seinen Studien in Rom und Mailand wurde Perosi Kapellmeister in Imola und anschliessend Chorleiter der Markuskirche in Venedig. Den Entschluss, sich ausschliesslich dem Komponieren geistlicher Musik zu widmen, fasste Perosi im Jahr 1897, nachdem er selbst die Priesterweihe empfangen hatte. Als Lorenzo Perosi ein Jahr später zum musikalischen Leiter der Sixtinischen Kapelle in Rom ernannt wurde, verlegte er sein Schaffen in den Vatikan, wo er im Jahr 1956 verstarb.

Perosis Oratorium «Transitus animae» wird wohl zum ersten Mal in Basel aufgeführt. Der Dirigent Walter Riethmann hat mit seinen beiden Chören und dem Sinfonieorchester «Consortium Musicum» ein Oratorium einstudiert, das im strengen Sinne eigentlich gar keines ist: In «Transitus animae» fehlt nämlich die Erzählerfigur, der so genannte «Orator». So hören wir also vielmehr eine Kantate für Mezzosopran, Chor und Orchester. Lorenzo Perosi komponierte dieses Werk zur Einweihung eines neuen Konzertsaales im Jahr 1907, zu einem Zeitpunkt, da er sich bereits voll als musikalischer Leiter des Vatikans etabliert hatte. Die Übersetzung des Titels verrät, dass es in diesem Chorwerk um das Hinübergehen der Seele ins Reich Gottes geht. In seiner Musik beschreibt der Komponist das letzte Gebet der Seele vor dem Tode (gesungen von der Mezzosopranistin Barbara Kandler). Ihre demütige Bitte um Reinwaschung und Vergebung aller Sünden steigert sich im Verlauf der Kantate bis hin zu leidenschaftlichem Flehen um Gnade und Barmherzigkeit. Als Gott sich ihrer schliesslich erbarmt, ist der «anima» die Aufnahme ins Paradies gewiss. Die Komposition schliesst mit den Worten «in paradisum deducant te Angeli»: Ins Paradies mögen Engel dich geleiten.


Basellandschaftliche Zeitung vom 7. September 2004
Geistliche Musik aus Italien
Von Rolf De Marchi

BASEL. Wer glaubt, geistliche Musik sei kraftlos und langweilig, wurde von den beiden Konzertchören Cantus Basel und Cantus Zürich sowie dem Consortium Musicum mit einem mitreissenden Konzert im Stadtcasino Basel eines besseren belehrt. Unter der Leitung von Walter Riethmann bewiesen die Mezzosopranistin Barbara Kandler, das Orchester und die beiden vereinten Chöre, dass geistliche Musik sehr emotional und packend sein kann.

Eröffnet wurde das Konzert mit einem Werk vom weniger bekannten italienischen Komponisten Lorenzo Perosi, der 1872 geboren, die meiste Zeit seiner Karriere als musikalischer Leiter der Sixtinischen Kapelle in Rom verbrachte. 1907 schrieb er das «Transitus animae», eine geistliche Kantate für Mezzosopran, Chor und Orchesterbegleitung, in der der Übertritt in die Ewigkeit im Augenblick des Todes beschrieben wird. Fast modern und mit dunklen Akkorden beginnt das Werk, hellt sich aber schon bald auf und schreitet in leuchtenden Farben fort, wobei allerdings gelegentlich die Grenze zum Kitsch überschritten wird.

Etwas verhalten und unsicher klangen die ersten Takte. Doch bald hatte sich das Orchester gefangen und begleitete die Solistin und den Chor engagiert und kraftvoll. Der Mezzosopran Barbara Kandler sang seine Partie mit voller Stimme und dezentem Vibrato. Allerdings war ihre Plazierung hinter dem Orchester etwas unglücklich gewählt; an den lauten Stellen ging ihre Stimme oft im Orchesterklang unter.

Nach der Pause erklangen dann die «Quattro Pezzi Sacri» von Giuseppe Verdi. Einfacher und weniger süsslich, klarer in der Stimmführung, wurde schon nach wenigen Takten die Überlegenheit Verdis über Perosi klar, wobei allerdings der Maestro nicht immer der Versuchung zu wiederstehen vermochte, in die Trickkiste seines Opernrepertoires zu greifen. Unter der kundigen Leitung von Walter Riethmann interpretierte das Orchester das Stabat Mater präzise und engagiert. Erst gegen Ende des abschliessenden Te Deums waren bei den Bläsern ein paar verwackelte Einsätze zu hören. Auch die beiden Chöre intonierten ihre Partie sauber und ohne nennenswerte Fehler. Einzig die Textverständlichkeit war leider nicht immer, gewährleistet und gelegentlich hätte man sich noch etwas mehr interpretatorische Kraft vorstellen können. Trotz einiger Makel aber war es ein gelungenes Konzert.


Basler Zeitung vom 7. September 2004
Himmlischer und irdischer Glaube: Der Chor "Cantus" im Casino

Von Bosch

Zwei Kulturen der Musik. Wollte man geistliche Musik unterscheiden nach solcher, die eher Himmlisches ausdrückt, und solcher, die durch die Darstellung menschlicher Not und Angst Irdisches schildert, so gehörte Lorenzo Perosis Oratorium «Transitus animae» eindeutig zur ersten Kategorie. Was nicht verwundert, war der Komponist doch Priester und sein Blick eher auf Gott gerichtet als auf die Menschen. Verständlich aber auch, dass Perosi gedrängt wurde, Opern zu schreiben. Seine Melodien sind so eingängig wie klangschön - der Erfolg wäre ihm damit sicher gewesen.

Perosis Schilderung des Übertritts der Seele ins ewige Leben durchzieht eine Stimmung von ruhigem Ernst, die auch da anhält, wo man sich vom Text her einen andern Klangcharakter vorstellen könnte. Anklänge an Choräle oder Gregorianik bezeichnen die Herkunft der Musik, doch ihr starker Fokus auf das Religiöse lässt sie auch wie vom vielen musikalischen Weihrauch betäubt erscheinen. Barbara Kandlers Mezzosopran prägte das Werk. Mit dunkler, voller Stimme versetzte sie die nicht allzu zahlreichen Zuhörer im Stadtcasino in eine Stimmung, in der man sich von der Musik treiben liess. Mühelos verband sie Homogenität im Ausdruck und Abwechslung in der Gestaltung. Indes wirkte der Chor streckenweise blass. So gut die Sängerinnen und Sänger polyphone Passagen herausarbeiteten, so sehr vermisste man eine pointiertere Dynamik. Sorgfältigere Diktion im allerletzten Abschnitt hätte die Paradiesesvision noch intensiver strahlen lassen.

OPERNHAFTES GEGENSTÜCK. Von Verdi weiss man, dass er sich mit der Kirche nicht immer leicht tat. Und das ist hörbar - gerade in der Gegenüberstellung mit Perosis Werk. In den «Quattro Pezzi Sacri» findet sich ein klarer Bezug zum Menschlichen, die Musik hat Ecken und Kanten, ist reich an Einfällen, überrascht. Bangen und Hoffen werden hörbar. Klangschön waren die A-cappella-Teile. Ergreifend schlicht gerieten die «Laudi alla Vergine Maria», schwebend, fast ätherisch das «Ave Maria». Doch auch hier fehlte der Mut zum Ausdruck.

Ausgezeichnet war dafür der Eindruck des Orchesters Consortium Musicum, das ebenso farbenreich begleitete, wie es auf die Chorstimme Rücksicht nahm. Dass der Chor im Forte hier und da überdeckt wurde, verwunderte angesichts der grossen Zahl von Sängerinnen und Sängern, während die Instrumente stets differenziert und transparent blieben. Wenn auch nicht gross, so war das Ungleichgewicht zu Gunsten des Orchesters doch hörbar.


Konzert in Zürich am 12. September 2004

Neue Zürcher Zeitung vom 14. September 2004

Blick ins Jenseits: Der Chor Cantus Zürich im Neumünster

Von Thomas Schacher

tsr. Die Klage der Chordirigenten ist allgegenwärtig, dass man mit der Aufführung unbekannter Werke kein Publikum hinkriege. Am Sonntag hat Walter Riethmann mit seinen beiden Chören Cantus Basel und Cantus Zürich im sehr gut besuchten Neumünster das Oratorium «Transitus animae» von Lorenzo Perosi aufgeführt.

Beklemmung, Angst und Ergebenheit
Der 1872 geborene italienische Komponist ist hierzulande selbst Musikern wenig bekannt- Von 1898 bis zu seinem Tod im Jahr 1956 wirkte er als Kapellmeister an der Sixtinischen Kapelle in Rom und komponierte ausschliesslich geistliche Musik. Sein lateinisches Oratorium «Transitus animae» für Mezzosopran, Chor und Orchester entstand 1907. Die Solistin drückt den Zustand der menschlichen Seele aus, die sich angesichts des Todes auf das Jenseits vorbereitet, während der Chor die Gemeinde repräsentiert, die für die sterbende Seele betet.

Die beiden Cantus-Chöre brachten eine bewegende Aufführung zustande. Der milde und gefühlvolle Charakter von Perosis Musik kam den weichen Stimmen der etwa hundert Sängerinnen und Sänger sehr entgegen. Bei den dramatischen Abschnitten hätte man sich ein noch etwas kräftigeres Profil vorstellen können. Die Mezzosopranistin Barbara Kandler gestaltete ihren Part mit einer beeindruckenden Mischung aus Beklemmung, Angst und Ergebenheit. Der grosse Ambitus ihrer Stimme war ihr dabei sehr hilfreich.

Dynamisch und ekstatisch
Die von Chromatik getränkten "Quattro Pezzi Sacri" von Giuseppe Verdi, insbesondere die bei den A-cappella-Stücke, stellten dann für den Chor die Nagelprobe dar. Und er bestand sie ausgezeichnet. Die Intonation war meistens rein, die wechselnden Affekte wurden deutlich herausgestellt, und die dynamische Palette reichte, etwa im "Te Deum", vom ekstatischen "Sanctus" bis zum raunenden "Miserere".

Das von Riethmann ins Leben gerufene Orchester Consortium Musicum mit dem Konzertmeister Pascal Druey leistete sowohl bei Perosi wie bei Verdi professionelle Unterstützungsarbeit.


Konzert in Basel am 19. Oktober 2003: Cantus Basel mit "Theodora"

Ankündigung in der Basler Zeitung, Basler Agenda Nr. 42 (16. Oktober 2003):Chor Cantus Basel

Herbert Wernickes szenische Aufführung von Händels Oratorium «Theodora» ist unvergessen. Nun widmet sich der Chor Cantus unter der Leitung von Walter Riethmann dem Werk über die Märtyrerin, die sich im Rom Diokletians dem Herrschaftsanspruch des Staats widersetzt. Das dreiteilige Stück ist eine Neuentdeckung des späten 20. Jahrhunderts. Mit dem Chor musizieren das Consortium Musicum auf alten Instrumenten und die Solisten Maria C. Schmid (Sopran), Martin Oro (Altus), Barbara Kandler (Mezzosopran), Reto Hofstetter (Tenor) und Stefan Vock (Bariton). BaZ

Der Chor Cantus bei der Probe mit Walter Riethmann. FOTO PINO COVINO


Nach dem Konzert:

Keine Konzertkritik veröffentlich, wegen den Wahlen?

(Kommentar eines Passanten, als wir Konzertprogramme verteilten: "Ah so, Sie haben nichts mit den Wahlen zu tun? Wie schön, dann nehme ich gerne eines!")


Konzert in Basel am 18. Mai 2003: "Basler Komponisten"

Ankündigung in der Basler Zeitung, Basler Agenda Nr. 20 (15. - 21 Mai 2003)
Konzerte des Chors Cantus Basel, des Neuen Basler Kammerchors und der Vocales Basilienses
Rossini, das Huhn und die "6"
 

Wenn der Neue Basler Kammerchor unter der Leitung von Martin Schmidt Rossinis "Petite Messe Solennelle" aufführt, mit Klavier und Harmonium, gibt es nicht viel zu erklären - Rossinis Meisterstreich hört man immer gern.

Im Konzept aufwändiger ist das Konzert des Chors Cantus unter der Leitung von Walter Riethmann. Man hat Werke von sieben Basler Komponisten aus einem Zeitraum von rund 500 Jahren ausgewählt. Das Programm konfrontiert den in der Renaissance in Basel orgelnden und lehrenden Belgier Samuel Mareschall mit dem 1919 geborenen, in Basel heimisch gewordenen St. Galler Robert Suter; von diesem gibts "Drei geistliche Sprüche".
Der um 1486 in Basel geborene Ludwig Senfl will ein "Herzlieb erwerben", wenn "es taget vor dem Walde"; der 1953 in Basel geborene David Wohnlich hofft mit Christian Morgenstern, man möge dem Huhn in der Bahnhofshalle ("nicht für es gebaut") nichts tun. Seine Gesänge nach Morgenstern-Gedichten für gemischten Chor und Schlagzeug (1984/2003) werden in diesem Konzert uraufgeführt. Die anderen Basler im Programm: Conrad Beck ("Der Tod des Oedipus"), Peter Escher, Hans Huber.

Eine zweite Chor-Uraufführung ist bei den Vocales Basilienses unter der Leitung von Rolf Urech zu erleben. Der in Liestal aufgewachsene Markus Wettstein, heute in Berlin, stellt seinen Sestinenzirkel für Chorgruppen und Klavier vor. Das Stück orientiert sich an der alten Gedichtform der Sestine -sechs sechszeilige Strophen mit wiederkehrenden Schlüsselworten - und kombiniert ein eingegrenztes Material in sechs Abschnitten immer neu. Der Zauber der Zahl "6" wird auch bei Palestrina, Monteverdi, Strawinsky sowie den experimentell mit der Form spielenden Komponisten Oskar Pastior und Christoph Schiller erkundet. tw


Basellandschaftliche Zeitung vom 22. Mai 2003 Vokalmusik aus Basel
CHORKONZERT / Cantus Basel veranstaltete ein Konzert mit Werken von sieben Basler Komponisten.

Von Paul Schorno

BASEL. Konzerte mit Programmen von speziellem Zuschnitt werden in der Regel gut besucht - so auch das in der Martinskirche. Ein solches allein mit Basler Komponisten hat der Chor Cantus Basel zusammengestellt, mit sieben an der Zahl - drei lebenden und vier verstorbenen. Berücksichtigung fanden vor allem Vokalwerke. Von Peter Escher, der als einziger mit zwei Stücken vertreten war, gelangten solche für Bläser zur Wiedergabe. Dort, wo orchestrale Begleitung vonnöten war, kam das Kammerensemble Consortium Musicum zum Einsatz. Für Eschers Werke setzten sich herzhaft und mit Verve Rudolf Mahni, Dirk Amrein, Misha Meyer und Christoph Schildknecht ein. Wo es nötig war, versah Daniel Bosshard den Orgelpart, bei Hans Hubers Liedern waren die Dienste der Pianisten Christina Peter und - auch hier - die Daniel Bosshards gefragt.

Prägnante und gut akzentuierte Gestaltung
Mit vier Psalmen für Orgel und Chor von Samuel Mareschall (1554-1640) wurde das Konzert eröffnet. Der gebürtige Belgier war ab 1577 Organist am Basler Münster. Schlicht und natürlich, wie es sein soll, der Vortrag durch Cantus Basel. Prägnant und in Deutlichkeit ansprechend die drei geistlichen Sprüche für eine Solostimme und Chor a cappella des 1919 geborenen und in Binningen lebenden Komponisten Robert Suter.
Peter Escher, 1915 in Basel zur Welt gekommen, wandte sich kompositorisch diversen Gebieten zu und war in manchen Funktionen tätig: als Dirigent, Lehrer und Experte. Musica per Tromba op.74 und ein Quintett für zwei Trompeten und drei Posaunen, op. 114 boten unterhaltsame Musik.
Von Ludwig Senfl weiss man, dass er 1486 in Basel geboren wurde, doch sind nicht alle Lebensdaten bekannt und dokumentiert. Er komponierte vorwiegend geistliche Musik, hier jedoch trug der Chor vier Lieder a cappella in volksliedhaftem Stil vor, fein differenziert in Gestus und Ausdruck.
Die einzige Uraufführung steuerte David Wohnlich bei: fünf Lieder nach Gedichten von Christian Morgenstern für gemischten Chor und Schlagzeug. Den Texten adäquat nachempfunden haftete den Vertonungen etwas Anekdotisches, spielerisch Verspieltes und fast Beiläufiges an - so, als würde der Sprechton leicht angehoben und in die Länge gestreckt. Endlich wurde in diesem Konzert auch geklatscht, wofür sich der Komponist spontan bedankte.
Die aufwendigste Komposition war Conrad Becks (1901-1989) Cantate für drei Solostimmen, Chor, zwei Trompeten, zwei Posaunen, Pauken und Orgel: "Der Tod des Oedipus". Dass Entscheidendes rüberkam, geht da auf das Konto der drei Gesangssolisten, Anna Maria Locher, Sopran (Antigone) und insbesondere Ron Epstein, Tenor (Erzähler), und Stefan Vock, Bariton (Oedipus). Klanglich delikat und treffend im Ausdruck der Chor bei Nummer 10 und 12 des Textes.
Mit fünf Liedern der Vokalquartette, op. 52 für Chor und Klavier zu vier Händen der einstmals wichtigen Musikerpersönlichkeit Hans Huber (1852-1921) endete das Konzert.


Basler Zeitung Nr. 116 vom 20.5.2003
Von Senfl bis Wohnlich

Von Michael Kunkel

"CANTUS BASEL" IN DER MARTINSKIRCHE


Ist das Rheinknie auch ein Chorknie
? Der "Cantus Basel" unter der Leitung von Walter Riethmann. Foto Pino Covino

Bekanntlich tummeln sich in Basel Komponisten en masse. Aber ist unser Rheinknie dadurch schon automatisch ein Chorknie? Der traditionsreiche Konzertchor "Cantus Basel" wagte unter seinem umtriebigen Leiter Walter Riethmann in der Martinskirche ein pures Basel-Konzert, will sagen: einen langen pausenfreien Nachmittag mit Musik aus der Feder von Komponisten mit Bezug zu Basel - von Ludwig Senfl bis David Wohnlich.

Zu den aus interpretatorischer Sicht erfreulicheren Ereignissen dieses Konzertes gehörten sicher die Wiedergaben der Werke von Samuel Mareschall (1554-1640) und Robert Suter (geb. 1919). Während Mareschalls "Vier Psalmen für Chor und Orgel" sich allerdings nicht als Konzert-Knüller, sondern eher als bessere Einsing-Übung aufdrängten, bewies Suter in seinen "Drei geistlichen Sprüchen", dass es möglich ist, anspruchsvolle Musik zu schreiben, die auch von Laien gut gesungen werden kann. Im Dialog mit der Sopranistin Anna Maria Locher entfaltete der Chor Suters dezent mit modernem Vokabular durchsetzte traditionelle Vokalgrammatik.
Auch David Wohnlich weiss gut Bescheid um die Grenzen des Machbaren im Amateurchorwesen. Und um den Spass, den es machen kann, das Singen. In seinen im besten Sinn madrigalesken "5 Liedern nach Gedichten von Christian Morgenstern für gemischten Chor und Schlagzeug" (1984/2003) stand dem Chor ein Schlagzeuger zur Seite, der aus Morgensterns Versen konkrete Klänge wie Stuhlknarren ("Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse"), Regengeräusch ("Der Walfafisch oder das Überwasser") oder Geflügelton ("Das Huhn") zog. Die Wohnlich'sche Rechnung ging auf: Heiterste Morgensterngefühle beim Singen, Schlagen und Hören.
Als totale Überforderung für die sehr engagierten Sängerinnen und Sänger erwiesen sich aber Ludwig Senfls wundervolle "Vier Lieder für Chor a cappella". Die Textverständlichkeit tendierte gegen null, Senfls Süsse und die dramatische Dimension des äusserst kunstvoll gearbeiteten Tonsatzes gingen in mangelhaftem Deklamiervermögen fast gänzlich verloren.
Als weitere Chorgrenzerfahrung brachte man Conrad Becks "Der Tod des Ödipus" zu Gehör - eigentlich eine schöne grosse Kantate, der das Vokalensemble eine Probenphase ruhig ungeteilt hätte widmen dürfen. Zu ihrer Aufführung stiessen Locher, Ron Epstein (Tenor) und Stefan Vock (Bariton) erfreulich hinzu - sowie der Trompeter Stefan Meier und andere Blechbläser aus dem Consortium Musicum, die das Chorkonzert mit Blechbläsermusik von Peter Escher auflockern wollten. Zur Krönung des Ganzen erklangen schliesslich noch die "Vokalquartette" op. 52 von Hans Huber. Zum überzeugenden Aufschwung in die schwülstige Welt des Namenspatrons des gleichnamigen Saals fehlte zuletzt einfach die Kraft.


Konzert in Basel am 2. Juni 2002

Ankündigung in der Dreilandzeitung Nr 21 (30. Mai - 5. Juni 2002)
Cantus Basel: Missa Solemnis
Hoffnung und Wirklichkeit

 

Dass eine Frist nicht eingehalten wird, scheint ein Merkmal grosser Taten zu sein. Ist das Resultat epochal, wertet sich die Verspätung zur Reifezeit auf, Unpünktlichkeit wird Anekdote, wie bei Beethovens Missa Solemnis. Er begann 1818 mit dieser Komposition zur Amtseinsetzung von Erzherzog Rudolf, seinem Schüler. Als Auszüge aus ihr erstmals gespielt wurden, parallel zur Uraufführung der 9. Sinfonie, waren vier Jahre vergangen - Rudolf war längst Erzbischof von Olmütz. Dafür gilt die Messe als eines der grössten kirchenmusikalischen Werke. Sie ist Ausdruck eines Glaubens, der nicht mehr zeitlos gültig auftritt, sondern kritisch hinterfragt, den Zwiespalt zwischen Hoffnung und Wirklichkeit thematisiert. Cantus Basel, Cantus Zürich und Consortium Musicum spielen sie unter der Leitung Walther Riethmanns. Solisten: Barbara Buhofer, Claudia Iten, Daniel Sans, Julian Tovey. bosch
Basel, Martinskirche. Sonntag, 2. Juni, 20 Uhr (Vorverkauf: 0041617114077 oder 0041612619025).


Basler Zeitung Nr. 127 vom 4.Juni 2002
Ludwig van für Fans

Von Frank Engelhaupt

So ein Glück: Die diesjährige Frühstücks-WM erlaubt fussballbegeisterten Beethovenianern den abendlichen Konzertgenuss. Ein Werk für Fans wurde dann auch gegeben. Am Sonntagabend nach vier Gruppenspielen also noch des Meisters gewaltige «Missa Solemnis» in der Basler Martinskirche.

Die Messe ist Beethovens persönliches Glaubensbekenntnis. Kompromisslos ringt der Komponist mit dem Messetext und dessen Implikationen. Als musikalisches Experimentierlabor lässt sich diese Messe hören, so vielschichtig sind die musikalischen Abläufe, so ausufernd der Ideenreichtum. Diesem hohen kompositorischen Anspruch gerecht zu werden setzten sich die Chöre Cantus Basel und Zürich mit dem begleitenden Consortium Classicum unter Walter Riethmann zur Aufgabe.

Höhenangst
Vor allem Beethovens sanftere Töne brachten die Chorsängerinnen und -sänger in angemessener Farbe zum Klingen. Durchaus plausibel illustrierte der Chor im Gloria den barmherzigen Gott («Qui tollis peccata mundi»), im Credo den archaisierenden Verweis auf die Herkunft Gottes («ex patrem natum…»). Auch versöhnliche Stellen (Credo: «Qui propter nos homines…») und die gregorianische Klanglichkeit im «incarnatus est» waren im Chor passend nachempfunden.
Daneben verlangt diese Musik allerdings satten, verbindlichen, zupackenden Chorklang. Manch aufstrebendes Motiv müsste da in luftiger Forte-Höhe gipfeln. In solchen Passagen vermeinte man dann doch einige Höhenangst bei den Sopranistinnen ausmachen zu können. Es wurde ungenügend eingeatmet, die hohen Töne erfuhren zu wenig körperliche Stütze; ängstlich eng war dann der Klang, obwohl der Text doch Lobpreis Gottes vorgibt. Auch schien es zuweilen, als ob einige Sängerinnen auf spontane Stimmeneinsätze zu wenig gut vorbereitet waren. Bei einigen Einsätzen von Sopran und Alt pendelte sich der Ton erst allmählich auf die richtige Höhe ein. Dadurch wurde der Phrasenbeginn verwischt, der Hörer über die musikalische Faktur im Unklaren gelassen.

Tiefenstärke
Den konträren Eindruck hinterliess das Bassregister. Erfrischend zu hören war das überdeutliche Artikulieren der Sprache etwa im «et conglorificatur» gegen Schluss des Credo. Der Besetzungsaufwand im Orchester verlangt solches; und warum sollten Konsonanten undeutlich bleiben? Sprachliche oder intonatorische Mängel waren auf der Solistenbank keine auszumachen. Mit ehrfürchtigem Nachdruck gestaltete der Tenor Daniel Sans das «Et homo factus est». Stimmliche Schattierung und gut dosiertes Rubato entsprachen exakt dieser Stelle. Ohne falsches Pathos erklang durch Julian Toveys unaufdringlichen Bass die düstere Opfervision des «Agnus dei», in dessen Verlauf sich die Gesangssolistinnen einschalteten. Unter der Regie von Marcela de Loa (Sopran) und Claudia Iten (Alt) wurde die Musik zum leidenschaftlichen Aufruf an Gott, sich zu erbarmen.


Basellandschaftliche Zeitung vom 4.6.2002
Präzision und Geschlossenheit
CHORKONZERT / Cantus Basel und Cantus Zürich sangen in der Martinskirche Beethovens "Missa Solemnis".

VON PAUL SCHORNO

BASEL. Mit diesem Meisterwerk geistlicher Musik hat es sich Beethoven nicht leicht gemacht: Mit der Arbeit an der "Missa Solemnis" begann er 1818, es dauerte jedoch fünf Jahre, bi" er sie vollendet hatte. Als eine Schöpfung voller Inbrunst, Innerlichkeit und Weltentrücktheit wird sie oft neben Johann Sebastian Bachs h-moll Messe gestellt. Hier der protestantische, dort der katholische Christ. Bach sprengte eher die Grenzen zeitlicher Ausdehnung einer liturgischen Darstellung in der Kirche, Beethoven erweiterte die Dimension viel mehr von innen her. In der Martinskirche wurde sie nun wiedergegeben.
Ausführende waren der Konzertchor Cantus Basel im Verbund mit Cantus Zürich, einem Zusammenschluss zweier traditionsreicher Zürcher Chöre. Beide Vokalensemble werden von Walter Riethmann geleitet. Er war es auch, der 1999 das Berufsorchester Consortium Musicum gründete, das in der Martinskirche ebenfalls mit dabei war. Selbstverständlich amtete Riethmann auch als Dirigent dieser Aufführung. Seine Zeichengebung demonstrierte eine dezidierte Ausrichtung auf Präzision, genaue Einsätze und Einhalten der Tempi. Weniger zu erkennen war ein bestimmter inhaltlicher Wille der Interpretation. Die Wiedergabe von Beethovens Missa erreichte eine beachtenswerte Geschlossenheit, ohne indes Tiefen aufzuschürfen und in besonders wärmendem Glanz zu erstrahlen. Das Orchester musizierte verlässlich und vermochte, wenn es allein zum Einsatz kam, gehobene Qualitätsstufen auszuspielen, besonders bei den Bläsern. .
Bekanntlich schrieb Beethoven über dem Kyrie die berühmten Worte "Von Herzen - möge es wieder zu Herzen gehen". Einfach dürfte es in unserer Zeit nicht sein, eine derartige Botschaft zu reanimieren. Phasenweise sprach der Chor das Publikum auf diese Weise an, vor allem im zweiten Teil der Messe, die mit der Wiedergabe des Agnus Dei am stärksten zu berühren vermochte. Belebt und belebend auch das Credo, auch das Sanctus gefiel. Als Violinsolist brillierte hier noch Pascal Druey.
Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten wies der Komponist dem Solistenquartett zu. Die ausgewählten Sängerinnen und Sänger sind durchwegs mit kraftvollen, durchschlagskräftigen Stimmen ausgestattet, die vokale Intensität zu demonstrieren vermochten, in der Höhe manchmal nicht ohne Schärfe (Sopran und Tenor). Es waren dies Marcela de Loa (Sopran, anstelle der erkrankten Barbara Buhofer), Claudia Iten, Alt; Daniel Sans, Tenor, und Julian Tovey, Bass. Den Orgelpart intonierte Heinz Specker.


Konzert in Basel am 25. November 2001; Fauré, Duruflé und Ravel

Ankündigung in der Dreilandzeitung Nr. 47 (22. -28. November 2001)
Chorkonzert: Cantus Basel
Französisch und geistlich

Gabriel Faurés "Messe de Requiem in c-Moll, op. 48, bildet das Zentrum eines Konzerts von Cantus Basel, das französischer geistlicher Musik mit vorwiegend lateinischen Texten gewidmet ist.
Faurés Totenmesse ist nicht mit expressiver Dramatik geladen, wie man das vielleicht erwarten könnte, sondern ist von eher lyrischer, getragener Art. Bezeichnend dafür, wie Fauré sein Requiem verstanden hat, ist sicher, dass er das "Dies irae" wegliess und dafür "Libera me" und "In paradisum" einfügte. Der Leiter des Cantus-Chors, Walter Riethmann, hat sich für die Fassung für grosses Qrchester (Streicher, Harfe, Orgel, ergänzt um Bläser), die seltener zu hören ist, entschieden. Maurice Duruflés "Quatre motets sur des thèmes grégoriens" op. 10 für Chor a cappella ergänzen Faurés berühmtes Werk. Der hauptsächlich als Improvisator bekannte Organist Duruflé liess sich in seinen Kompositionen vom rund zwei Generationen älteren Kollegen beeinflussen. Die Motetten erschienen 1960 und waren für einen Vespergottesdienst vorgesehen.
Die "Chansons madécasses" von Maurice Ravel fallen in verschiedener Hinsicht aus dem Rahmen. Nicht in Latein und nicht für die Kirche gedacht, bilden sie den Kontrapunkt zu den geistlichen Werken. Die Lieder für Sopran, Flöte, Cello und Klavier sind nach Versen des Lyrikers Evarist Parny mit afrikanischem Inhalt vertont. Der Chor Cantus Basel wird vom Orchester Consortium Musicum, der Sopranistin Maria Gessler und dem Bariton Bruno Vittorio Nünlist unterstützt. bosch


Basler Zeitung Nr. 277 vom 27. November 2001
Martinskirche: Cantus Basel

Von Christina Mosimann

Wiegenlied des Todes

Eine lange Schlange unter bunten Schirmen vor der Abendkasse: Cantus Basel, der traditionsreiche Basler Konzertchor, konzertierte in der randvoll besetzten Martinskirche. Mit einem Programm, das den winterlichen Konzertgang zu einem Abenteuer werden zu lassen versprach. Französischen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts - Maurice Duruflé, Maurice Ravel und Gabriel Fauré - war das Konzert gewidmet.
Mit den "Quatre motets" für Chor a cappella von Maurice Duruflé (1902-1986) begann das Konzert. Duruflé war Organist, wie Messiaen, Repräsentant der französischen Orgeltradition. Die Gregorianik prägte sein Schaffen. So vor allem die 1960 komponierten "Quatre motets" sur des thèmes grégoriens (op. 10). Ruhe, Geborgenheit, im Glauben verankerte Sicherheit überstrahlten das ganze vorwiegend geistliche Konzert. Aus der Stille drangen ruhig und leise die zu einem wohltönenden Klangkörper verwobenen Frauen- und Männerstimmen, steigerten sich in Jauchzen und Freude in Christus. Herrlich der Frauenchor in der Verehrung der Schönheit Mariens. Innig der Ausdruck der Demut, der neuen Hoffnung, die in einen Lobgesang Gottes münden im "Tantum ergo" (für gemischten Chor).
1926 entstanden die Chansons madécasses nach Gedichten von Parny für Gesang (Maria Gessler, Sopran), Flöte (Verena Hadorn), Violoncello (Mathias Kleiböhmer) und Klavier (Walther Riethmann). Unendliche Ruhe verströmend, ganz selbstverständlich alle Facetten ihrer Stimme schillern lassend, entführte die Sopranistin Maria Gessler in ihrer schwierigen Solopartie in die von exotisch-archaischem Charme geprägte Welt auf Madagaskar.
Krönung des Konzerts war die "Messe de Requiem" op. 48 von Gabriel Fauré, die 1901 veröffentlichte Fassung für grosses Orchester (Consortium Musicum): Eindrücklich, kraftvoll getragen die Stimme des Baritons Bruno Vittorio Nünlist im "Libera me" in seinem Flehen um die Befreiung vom ewigen Tode, hell und sanft die Stimme Maria Gesslers, einfühlsam begleitet an der Orgel von Daniel Bosshard.


Basellandschaftliche Zeitung vom 28. November 2001
Cantus Basel / Der Basler Chor sang Werke von Maurice Duruflé, Maurice Ravel und Gabriel Fauré

Von Paul Schorno


BASEL. Es müssen nicht immer im herkömmlichen Sinne zugkräftige Werke auf dem Programm stehen, um das Publikum in Scharen anzulocken. Cantus Basel gelang es mit drei eher wenig bekannten Kompositionen die Martinskirche bis auf den letzten Platz vollzukriegen.
Der französische Organist und Komponist Maurice Duruflé (1902 bis 1986) war zu seiner Zeit ein weltweit gefragter Konzertorganist. Anerkennung als Tonschöpfer errang er mit einem Requiem. Im Zentrum seines Schaffens stand die Gregorianik. Von ihr kommen die "Quatre motets sur des thèmes grégoriens, op. 10" her, von Cantus Basel zum Auftakt des Konzerts wiedergegeben. Der Vortrag durch die aufmerksam agierenden Sängerinnen und Sänger hörte sich gefällig an, denkbar, dass er noch prononcierter hätte sein können.
1926 vertonte Maurice Ravel Texte des Dichters Evariste-Désirée de Parnys. Sie handeln vom Leben und den Sitten auf der Insel Madagaskar, von ihrer Liebe zu Musik und Tanz. Diese Komposition hielt Ravel selber als eines seiner bedeutendsten Werke: es erziele ein Maximum an Ausdruckskraft durch eine betonte Ökonomie der Mittel. Als Begleitung genügt ein instrumentales Quartett. Gesungen wurden die Lieder von der Basler Sopranistin Maria Gessler. Die Liedtitel: Nahandove (ein junger Mann), Aoua! (ein Kriegsruf) und II est doux.
Erotische, massvoll dramatische, volksliedhafte und melancholische Elemente ergeben eine farbig reizvolle Mischung. Es gelang der Sängerin mit ihrer tadellos geführten und fein timbrierten Stimme über alles Klangliche hinaus den Geist der Dichtung in ihrer sinnenhaften Kreatürlichkeit als etwas Atmendes fühlbar zu machen.
Im dritten Teil dann Gabriel Faurés Requiem, op. 48, das eigentlich eine Trauerkantate ist, die durch das Fehlen eines Dies irae vom liturgischen Text abweicht, ergänzt dafür durch ein "Pie Jesu" und ein "Libera me". Nicht die Angst vor dem Gericht steht im Vordergrund, sondern das Leid, der Verlust. Angelegt auf Kooperation mit dem Chor musizierte das Consortium Musicum mit Elan und dynamischem Einfühlungsvermögen. Cantus Basel trug Faurés Klangbilder mit gestalterischer Bedachtsamkeit und vokaler Überzeugungskraft vor. Beim "Pie Jesu" nochmals anrührend und klangsatt Maria Gesslers Sopran, beim "Libera me" gefiel Bruno Vittorio Nünlists prächtiger Bariton. Verlässlich die weiteren Solisten: Daniel Bosshard, Orgel, Verena Hadorn, Flöte, und Mathias Kleiböhmer, Violoncello. Souverän die Leitung durch Walter Riethmann.


Konzert in Basel am 25. März 2001: Beethoven und Bernstein

Ankündigung in der Dreilandzeitung Nr. 12 (22. - 28. März 2001)
Cantus Basel: Chorwerke von Bernstein und Beethoven

Von Christina Mosimann

Der Chor "Cantus Basel" widmet sich gern und erfolgreich selten aufgeführter Musik. Nach Schumanns "Szenen aus Goethes Faust" gilt nun die Aufmerksamkeit Beethovens Oratorium "Christus am Ölberge" und Bernsteins "MissaBrevis" für Countertenor, Chor a cappella und Schlagzeug.

Das 1803 entstandene Oratorium "Christus am Ölberge" ist bei Musikern und Publikum kaum bekannt; bei der Uraufführung (mit dem 3. Klavierkonzert und der 2. Sinfonie) wurde es gut aufgenommen. Bis in die fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts gehörte es zum Repertoire und verschwand dann mit der Wiederentdeckung von Bachs und Händels geistlicher Musik. Ein Grund dafür mag auch der wenig geglückte Text des Opernlibrettisten Franz Xaver Huber gewesen sein, der das Oratorium zu stark in die Nähe des Operngenres rückte. - Die Musik gehört zum Schönsten und Einfühlsamsten, was Beethoven komponiert hat.

Das zweite Werk, ein bewusster Kontrast, ist Bernsteins 1988 in Atlanta uraufgeführte "Missa Brevis". Sie berührt durch mittelalterlich anmutende Archaik: Chor, Countertenor, sparsam, gezielt eingesetzter Gebrauch der Schlaginstrumente, vor allem der dominierenden Glocken. Unter Walther Riethmann konzertiert "Cantus Basel" mit dem "Consortium Musicum" und den Solisten Rahel Hauenstein (Sopran), Daniel Sans (Tenor), Michael Leibundgut (Bass) und Martin Oro (Countertenor).


Basler Zeitung Nr. 73 vom 27. März 2001
Cantus in der Martinskirche: Abgeklärte Todesahnung

Von David Wohnlich

Zeitlich genau richtig positionierte der Chor Cantus Basel zusammen mit dem Consortium Musicum unter der Leitung von Walter Riethmann Ludwig van Beethovens selten gespieltes Oratorium "Christus am Ölberge", ein Werk, das einen Christus in bald zorniger, bald heiter abgeklärter Todesahnung vorführt, ihn mit Engeln und Häschern konfrontiert und in einen Dialog mit einer Art persönlichem Engel, dem Seraph, treten lässt.
Gerade in der sehr sorgfältigen, dynamisch flexiblen, in Orchester und Chor fein ausbalancierten Aufrührung dieses merkwürdigen Zwitters zwischen Oratorium und Oper zeigten sich am Sonntag in der Martinskirche denn auch die Gründe, warum man dieses Werk kaum je aufführt: Eine für Beethoven erstaunliche Uninspiriertheit zieht sich durch die Musik; selbst die Ouvertüre - für den Meister der spätklassischen Sinfonik doch bestimmt eine schöne Herausforderung - wirkt seltsam blass und fantasielos. Die Rezitative, Arien und Duette erinnern dann an den bekanntlich auch nicht ganz so glücklichen "Fidelio"; daran, dass sie in Ausdruckskraft und jener Dramatik, die wir Beethoven aufgrund seiner Sinfonien zutrauen, enttäuschen und oft gesetzt sind wie von einem schlecht gelaunten Haydn.

Sorgfältig und engagiert
Es sei nochmals betont: Gerade die besonders sorgfältige Ausführung durch Cantus und Consortium Musicum machte diese Mängel hörbar - hätte man nachlässiger gespielt und gesungen, hätten sich Rahel Hauenstein als Seraph, Daniel Sans als Jesus und Michael Leibundgut als Petrus weniger engagiert in die an sich nicht sehr dankbaren Rollen gekniet - man hätte die Schwächen zweifellos zu Unrecht der Aufführung angelastet,
Im zweiten Teil des Konzertes kam dann der im Beethoven-Oratorium etwas stiefmütterlich behandelte Chor voll zur Geltung: Leonard Bernsteins reizende "Missa Brevis" für Countertenor, Chor a cappella und Schlagzeug forderte den gut besetzten und disponierten Chor zur vollen Entfaltung seiner Qualitäten, und das sind nicht wenige: Intonationssicherheit auch in vielstimmigen freitonalen Akkorden, dynamische Breite vom fast unhörbaren, stimmlich aber präsenten Pianissimo bis zum offenen Forte, durchsichtige Polyphonie, Klangschönheit und Homogenität. Besonders auffallend war das zart einsetzende, fugierte "Laudamus te" im 2. Satz, dem "Gloria". Filigran und fein ziseliert weben sich die Stimmen nach und nach ineinander bis hin zur volltönenden Anrufung Gottes und seines Sohnes - in einer Intensität, wie sie zuvor in Beethovens Oratorium nicht erreicht werden konnte.

Fordernd und drängend
Im vielstimmigen, sehr expressiven "Benedictus" schimmern dank toller Intonation die bezauberndsten Chorfarben auf, Im "Agnus Dei" verwob sich Martin Oros schmiegsamer Kontratenor mit dem Chor, dass es eine Freude war. Delikat war dann auch das "Dona nobis pacem" im "Agnus Dei", das Bernstein entgegen der Tradition nicht besinnlich und meditativ, sondern im Gegenteil selbstbewusst fordernd setzt: Die mit Schellenkranz und Kastagnetten unterstützte drängende Rhythmik des Chores hätte hier beinahe zum Tanzen provoziert.
So vermochte der zweite Konzertteil zu schenken, was der erste Teil verweigerte: Chormusik hoher Qualität, sinnlich anrührend und musikalisch berauschend.


Basellandschaftliche Zeitung vom 28. März 2001
Musikalische Raritäten Cantus Basel / Der Chor führte "Christus am Oelberge" von Beethoven und die Missa Brevis von Bernstein auf.
 Von Paul Schorno

Dem Chor Cantus Basel und dem Dirigenten Walter Riethmann verdankt das hiesige Musikleben Begegnungen mit selten aufgeführten Werken. Das erfordert Gespür und Wagemut, was sich nicht durchwegs ausbezahlt macht. Für das Programm in der Martinskirche stellte sich ein neugieriges und dankbares Publikum ein. Der anhaltende Applaus durfte als Zustimmung gewertet werden.
Beethovens "Christus am Ölberge", op.85, kann kaum als eines seiner Meisterwerke verstanden werden. Formal und musikalisch wirken die Einfälle uneinheitlich, grossgeschaute Augenblicksaufnahmen stehen neben Opernhaftem und nur bedingt Inspiriertem. Die Kantate handelt von den Vorgängen am Ölberg und der Gefangennahme Christi. Als Schlussverklärung wird dem Ganzen der Engelschor "Welten singen Dank und Ehre dem erhabnen Gottessohn" hinzugefügt. Der Textdichter Franz Xaver Huber war vor allem Opernlibrettist.
Musikalisch bemerkenswert erscheinen vor allem das traurige, düstere es-moll-Vorspiel, das erste Rezitativ Jesu, die feierliche Ankündigung der Serapherscheinung, dann erneut ein Jesus-Rezitativ "Willkommen, Tod", und noch der in manchen Teilen berührende Engelschor.
Stimmlich gefordert- vor allem Sopran und Tenor in hohen Stimmlagen- konnten die Solisten ihre Qualitäten unter Beweis stellen. Stimmumfang und Fülle der jungen Schweizer Sopranistin Rahel Hauenstein liessen aufhorchen, stimmtechnisch darf noch gefeilt werden, aber das Potenzial liegt vor. Strahlend und klangsatt auch der Tenor von Daniel Sans, dessen Timbre von metallischem Glanz ist. Der Bass von Michael Leibundgut, körnig und schwarz, kontrastierte zu den beiden anderen Solisten.
Das erst vor zwei Jahren gegründete Berufsorchester Consortium Musicum agierte und reagierte nicht in akademisch geschliffenem Duktus, musizierte jedoch in anpassungsfähiger und durchpulster Spielweise. Der Chor verstand es immer wieder, sich zu steigern, vor allem in kraftvollen kompositorischen Gesten. Walter Riethmann behielt alles und alle im Auge, kleinere Mängel im Zusammenspiel erwiesen sich nicht als gravierend.
Keine Viertelstunde lang dauert Leonhard Bernsteins Missa Brevis für Countertenor, Chor a cappella und Schlagzeug. Den sechs Teilen der Messe, ohne ein "Credo", wohnt etwas schlaglichtartiges Schlaglichtartiges inne, sie sind wie rhythmisch unterschiedliche Chiffern. An- und Aufrufe, grundiert durch das Schlagzeug. Martin Oro, der Countertenor durfte Akzente setzen. Man kann hier nicht sagen, die Intonation des Cantus Basel-Chores sei perfekt gewesen. Die Wiederholung des Schlussteils belegte, dass wiederholtes Hinhören Gewöhnungen fördert und Gewohnheiten bildet. Das gilt auch fürs Singen.


Konzert in Basel am 9. September 2000: Schumann's "Szenen aus Goethes Faust"

Ankündigung in der Dreilandzeitung Nr. 36 (7. - 13. September 2000)
Chor Cantus Basel: Schumanns "Faust"-Szenen als Oratorium
Von Christina Mosimann

«Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen», singen die Engel in «Szenen aus Goethes Faust», die Robert Schumann ab Erlösungsoratorium vertonte und die bis heute unerklärlicherweise den Weg in die Konzertsäle nicht gefunden haben. Aber nun erklingt, ein Jahr nach dem Goethejubiläum, in Basel und Zürich eine der wichtigsten Vertonungen des Faust-Stoffs.
Gegen Ende seines Lebens, 1844, machte der an Sprache und Literatur immer interessierte Robert Schumann auf einer Russlandreise erste Pläne zu einer «Faust»-Oper. Später entschloss er sich zur eher oratorischen Form. In Anlehnung an den Bildungsroman hat man die «Faust»-Szenen auch als Bildungsoratorium bezeichnet. Die ersten beiden Teile zeigen menschliches Scheitern: Gretchens Niedergang, der mit Fausts Tod scheinbare Sieg Mephistos. Im dritten Teil erfolgt die Erlösung. Der gescheiterte Mensch wird durch göttliche Gnade gerettet. Tod und Teufel verlieren ihre Macht. Der Erlösungsgedanke ist die Essenz; Schumann wollte nicht einfach das Drama nacherzählen.
Die Hauptrollen sind besetzt mit dem als Ludwig II. im Musical Franz Hummels bekannt gewordenen Julian Tovey (Bariton, Faust), Judith Graf (Sopran, Gretchen), Stephan Imboden (Bass, Mephistopheles), Daniel Sans (Tenor, Ariel). Mit ihnen und weiteren Solisten musizieren die Chöre Cantus Basel, Cantus Zürich, Ton-Art Zürich und Basel, Vokalensemble und das Orchester Consortium Musicum, unter der Leitung von Walter Riethmann.


 

Basler Zeitung Nr. 211 vom 11 September 2000
Ein Bariton wie eine Vorahnung von Erlösung
«Faust»-Szenen von Robert Schumann im Stadtcasino

Von Christina Mosimann
 

«So hinterlässt das romantische neunzehnte Jahrhundert eine Fülle ehrgeiziger und unseliger Werke, die als ein ewiger und nie erfüllbarer Appell an die Mit- und Nachwelt in den Bibliotheken schlummern», schreibt Alfred Einstein in seinem Buch «Music in the Romantic Era». Eines der bedeutendsten dieser «schlummernden» Werke sind wohl Schumanns «Faust»-Szenen, die am Samstagabend im Musiksaal des Stadtcasinos von den Chören Cantus Basel und Cantus Zürich zum Leben erweckt wurden. - Der schon immer an Sprache und Literatur interessierte Schumann dachte zuerst an eine Vertonung des zweiten Teils von «Faust». «Fausts Verklärung» schien ihm, wie auch Goethe es sich selbst gewünscht hatte, geeignet als Fundament. Der Erlösungsgedanke, der dieser letzten Szene der Tragödie innewohnt, war die Essenz seines später dann als Oratorium konzipierten Werkes.
Diese Schlussszene - eine Art literarische Kantate -, in der Gretchens Seele Faust vergibt und ihn vor der Verdammnis errettet, hat Schumann als erste vertont. Mythische Gestalten der Vorväter und Heiligen, Engels-, Kinder- und Büsserchöre bevölkern die literarische Musikszene. Ein Höhepunkt dieses Hauptteils, der feierlichen gewichtigen «Dritten Abteilung», war der gewaltige Erlösungschor, von den etwa 100 Sängern der Chöre Cantus Basel und Cantus Zürich hervorragend, präzise und temperamentvoll gesungen unter der Leitung ihres Dirigenten Walter Riethmann. Klar, weich, tragend die jubelnde Sopranstimme von Maria C. Schmid. In edlem präzisem Zusammenklang die Stimmen dann im Quartett von Maria C. Schmid (Sopran), Claudia Iten (Mezzosopran), Stephan Imboden (Bass) und dem Basler Sänger Ron Epstein (Tenor). Weitere Glanzpunkte dieser die Schumannschen Züge von Leidenschaftlichkeit, Sehnsucht, Gefühl und Mitgefühl tragenden Szene waren die beiden wunderbaren Solopartien des «Pater Seraphicus» und des «Doctor Marianus»: Julian Tovey, Bariton! Seine wunderbare edle Stimme, mit dem Orchester ideal verschmolzen und verschlungen, verströmte verschwenderisch eine Schönheit, eine Reinheit und Beseeltheit, die den Zuhörern für Momente den Atem stocken machte, sozusagen die Menschen im Publikum ihre ureigene Erlösung ahnen liess. Diesen höchsten Augenblick festhalten zu können! «Verweile doch, du bist so schön», wünscht sich Faust in seiner schmerzvollen philosophischen Betrachtung der geheimnisvollen Tiefen der Natur in Vorahnung seines Todes. Starke Ausdruckskraft und jugendliche Stärke in Ariels (Daniel Sans) Schilderung des Sonnenaufgangs in der Zweiten Abteilung.
Das Werk mit der eher düsteren Ouvertüre wirkte als Ganzes der Entstehung der Komposition entsprechend etwas unausgewogen. Doch die vielen überragenden Momente kamen neben den schwächeren Abschnitten umso schöner zur Geltung. Das Publikum bedankte sich mit viel Applaus für die überragende Leistung der drei Chöre, der Orchestermusiker und die der Solisten.

Basellandschaftliche Zeitung vom 11. September 2000
Oratorium statt Faust-Oper
FAUST-SZENEN / Im Basler Stadt-Casino wurden Robert Schumanns Szenen aus Goethes Faust aufgeführt
Von Paul Schorno

BASEL. Mit Unterbrechungen hat Robert Schumann fast zehn Jahre lang den Versuch unternommen, Szenen aus Goethes Faust zu vertonen. Das ambitiöse Unternehmen erlebte zwar eine erfolgreiche Uraufführung, aber später dann geriet es beinah in Vergessenheit. Was eine Faust-Oper hätte werden sollen, geriet schliesslich zu einem weltlichen Oratorium. Das mag mit ein Grund sein, dass es im Konzertsaal nie heimisch wurde. Vom Inhalt und vom Geschehen her evoziert das Werk kaum Spannung, die Szenen und Bilder sind hinlänglich bekannt, denn Schumann liess den Text Goethes unangetastet.
Es ist die Musik, die uns packen und ansprechen soll. Dass das über Strecken hinweg möglich ist, konnte das Publikum am Samstag abend im grossen Musiksaal des Stadt-Casinos erproben und erfahren. Unter der Leitung von Walter Riethmann traten der Cantus Chor Basel und das Vokalensemble TonArt Zürich und Basel und das Consortium Musicum als Orchester auf.
Nicht weniger als acht Solisten waren notwendig, durchwegs Sängerinnen und Sänger von hohem künstlerischem Niveau. Besonders eindrücklich der rund und klangschön strömende Bariton von Julian Tovey als Faust und der strahlende Sopran von Judith Graf als Gretchen. Ihren Aufgaben gewachsen waren auch die andern, der Bass Stephan Imboden als Mephistopheles und der ausgezeichnete Tenor Daniel Sans als Ariel, Maria C. Schmid, Sopran, Claudia Iten, Mezzosopran, Sibylle Leutenegger, Alt, und Ron Epstein, Tenor.
Schumanns Musik als atmosphärisch klangliche Bilder - da fiel auch für die vereinigten Chöre einiges an gestalterischem Einsatz ab. Respektabel die Einheitlichkeit des Klanges, ausgenommen kleine Unsauberkeiten und Unkonzentriertheiten gegen Ende des zweiten Teils.
Klangwelten mit Emphase waren hier zu hören. Da fehlte mir zu Beginn des Abends bei der Ouvertüre noch die prägnante, vitalisierende Prägnanz des Orchesters. Auffallend die Detailbeflissenheit des Dirigenten Walter Riethmann, was dem Fluss der Ouvertüre nicht so wohl bekam, aber richtig und notwendig war für den Verlauf der Aufführung, wenn es galt die Einsätze zu geben und das Ganze zusammenzuhalten.
Was sich Riethmann gewünscht hatte, einen vollbesetzten Musiksaal, erfüllte sich leider nicht, doch darf der Besuch als recht gut taxiert werden. Es gab starken Schlussapplaus für eine Komposition, die wohl nicht so rasch wieder zu hören sein wird.